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  Inhaltsverzeichnis zu diesem thematischen Schwerpunkt zum ersten Beitrag des thematischen Schwerpunkts   
     
  Was stand am Anfang der modernen ökonomischen Theorien?
  Der Stoff, aus dem die wichtigsten ökonomische Theorien (Paradigmen) sind
 
 
Sobald irgend etwas in der Wirtschaft geschieht, erscheinen zwei Ökonomen auf dem Fernsehschirm und vertreten in den ihnen zustehenden 30 Sekunden diametral entgegengesetzte Aufassungen. Wenn die Wirtschaftswissenschaftler derart widersprüchliche Meinungen vertreten, wie können sie überhaupt irgend etwas wissen?
 
  Der bedeutende amerikanische Ökonom Lester C. Thurow        

Der „einfache Bürger“ hat seine Erfahrungen mit den Experten: Er versteht meistens nicht, wovon sie reden. Man kann sich gut vorstellen, dass es objektive Gründe gibt, warum er die Naturwissenschaftler nicht versteht: Bekanntlich benötigen diese viel Mathematik. Aber warum versteht er die Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler nicht? Dies ist in der Tat seltsam. Schon deshalb, weil diese über die Gesellschaft reden, in der er selber lebt und deren Funktionsweise er als Bürger einer demokratischen Ordnung sogar beeinflussen und gestalten soll. Da diese Wissenschaften in ihrer Entwicklung noch weit den Naturwissenschaften hinterher hinken, dürfte das, was sie wirklich wissen, doch nicht so kompliziert sein. Was könnte also der wahre Grund sein, dass die Sozial- und Wirtschaftsexperten trotzdem so schwerverständlich sprechen? Versuchen wir darüber nachzudenken.

Wie sprechen Schamanen und Weissager? Bekanntlich so, dass nur sie selbst sich verstehen - angeblich. Bedienen wir uns eines Beispiels, um uns dies genauer anzuschauen. Man erinnert sich an den geheimnisvollen Propheten namens Nostradamus (1503-1566), der mit seinen auf astrologischen Erkenntnissen begründeten Vorhersagen immer wieder für Furore sorgte. Immer wieder stellt sich heraus, dass seine Prophezeiungen in Erfüllung gegangen sind. Leider konnte man dieses „Übereinstimmen“ erst hinterher feststellen. Davor hatte seine sprachlichen Figuren niemand richtig verstanden. War dies nur ein Zufall? Schwer zu glauben. Oder haben sich seine Prophezeiungen gerade deshalb als „richtig“ erwiesen, weil sie keiner verstanden hatte? Dies leuchtet ein. Wenn man nämlich unverständlich spricht, kann man später in der Tat problemlos alles in seine Aussage hineininterpretieren - so wie man es braucht. Daraus läst sich schon schließen, dass wir unsere „Experten“ nicht unverständlich sprechen lassen dürfen. Sie sollen auf den Punkt kommen und sagen, was Sache ist. Außerdem sollen sie uns nichts über den Sinn der Wirklichkeit erzählen und über etwas, was angeblich in dessen Hintergrund abläuft. Das ist nicht ihr Job.

Und schon gar nicht dürfen wir uns von ihnen sagen lassen, dass sich ihr Wissen deshalb nicht einfach präsentieren lässt, weil es sich auf ein sehr „komplexes“ Phänomen beziehe. Sind z.B. die Atomphysik, die Relativitätstheorie, die Genomentschlüsselung und unzählige andere Errungenschaften einfach, die gesellschaftlichen „Reformen“ dagegen etwas, was ungeheuer anspruchsvoll und kompliziert ist? Wenn man nicht sehr ins Detail geht, sind übrigens auch die Naturwissenschaften verständlich. Es gibt bekanntlich unzählige Bücher, die z.B. auf eine einfache Weise Einsteins Relativitätstheorie erklären. Wären diese nicht auch dem Laien verständlich, hätte man schon längst aufgehört, sie zu drucken. Nein, unsere „Experten“ besitzen kein Wissen und keine Kenntnisse, die der breiten Bevölkerung unzugänglich wären.

Ein Laie kann natürlich nicht alle Details einer Theorie verstehen, weil dort die Techniken, die kompliziert sein können - und meistens auch sind -, das Feld beherrschen. Aber diese Techniken braucht der Laie nicht zu kennen und er verlangt von den „Experten“ nicht, dass sie über sie reden. Die seriösen Experten sollen sagen, welche konkreten praktischen Ergebnisse sich aus den Theorien, hinter denen sie stehen, erzielen lassen. Deshalb werden wir bei unserer Auseinandersetzung mit den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften wie folgt vorgehen:

  • Zuerst schauen wir uns die Motivation der betrachteten Theorie und die Grundidee, auf der sie beruht, an.
  • Dann prüfen wir bzw. erkundigen uns, was sich mit dieser Idee machen läst - wozu sie also praktisch gut ist..

Uns werden vornehmlich die ökonomischen Theorien (Paradigmen) interessieren, die heute im „Umlauf“ sind:

Frühliberalismus
 DIE MOTIVATION UND DIE GRUNDIDEE:  
Wie verhindert man die Vermachtung der Gesellschaft
 URSPRUNG DER GRUNDIDEE:  
Die schottische Moralphilosophie
Marxismus
 DIE MOTIVATION UND DIE GRUNDIDEE:  
Die Entdeckung der Entwicklungsgesetze der Weltgeschichte
 URSPRUNG DER GRUNDIDEE:  
Der spekulative Historismus der deutschen klassischen Philosophie
Neoliberalismus
 DIE MOTIVATION UND DIE GRUNDIDEE:  
Die Freiheit des Kapitals zu rechtfertigen
 URSPRUNG DER GRUNDIDEE:  
Die klassische Physik bzw. die Newtonsche Mechanik
Ordoliberalismus
 DIE MOTIVATION UND DIE GRUNDIDEE:  
Einen besseren (sittlichen) Staat für die Marktwirtschaft zu finden
 URSPRUNG DER GRUNDIDEE:  
Die deutsche klassisch-konservative Staatsphilosophie
Die klassische (Keynessche) Nachfragetheorie
 DIE MOTIVATION UND DIE GRUNDIDEE:  
Die ökonomischen Krisen zu erklären und zu verhindern
 URSPRUNG DER GRUNDIDEE:  
Der klassische (naive) englische Empirismus

Warum soll uns immer zuerst der Anfang einer Theorie interessieren? Die Antwort ist einfach. Jede Theorie beginnt mit einer einfachen Idee. Deshalb ist sie der schnellste und einfachste Weg, eine Theorie zu erklären. Aber nicht nur das. Die ursprüngliche Idee steckt immer auch den Rahmen ab, in dem die weitere Entwicklung einer jeden Theorie stattfindet. Um dies zu verdeutlichen, nehmen wir ein Beispiel aus der Physik. Obwohl wir ökonomische Theorien behandeln, ist dieses Beispiel deshalb gut gewählt, weil ausgerechnet die klassischen Physik die Grundlage der heute - wieder einmal - herrschende neoliberale Theorie ist.

Bekanntlich dachten alle Menschen Jahrtausende lang, die Erde sei das Zentrum des Universums. Diese Idee ist in der Tat plausibel. Alle schweren Körper fallen tatsächlich auf die Erde, so dass man das Gefühl hat, dieses Zentrum befinde sich irgendwo unter unseren Füßen. Außerdem kreisen alle Himmelskörper um die Erde. Eine systematische Darstellung dieser Idee hat Aristoteles verfertigt, und seitdem hat man ihn nur wiederholt. Es gab also zwei lange Jahrtausende keine weitere Entwicklung auf diesem Gebiet. Das System (Paradigma) war vollendet. Newton ist eine völlig andere Idee eingefallen. Er verwarf die Vorstellung, das Universum habe überhaupt ein Zentrum. Er hat die Idee (Hypothese) von unendlich vielen Zentren im Universum vorgeschlagen. Jeder Körper würde sein eigenes Zentrum bilden, und ziehe in Richtung dieses eigenen Zentrums alle andere Körper an. Der Apfel fällt also nicht auf die Erde, sondern diese zwei Körper ziehen sich gegenseitig an. Nur weil die Erde viel größer und damit stärker ist, ist ihr „Entgegenkommen“ so winzig, dass es nicht messbar ist. Nur deshalb scheint uns, dass der Apfel auf die Erde fällt. Wären die Massenunterschiede zwischen diesen zwei Körpern kleiner, würden wir etwas anderes sehen.

Mann nennt heute eine solche grundlegende Umstrukturierung einer Wissenschaft Paradigmenwechsel: Das alte Paradigma (konkret: ein Zentrum des Universums) wurde durch ein völlig anderes (konkret: unendlich viele Zentren) ersetzt. Über Paradigmen und Paradigmenwechsel werden wir später mehr sagen. Unser Beispiel soll nur zeigen, wie dominant die ursprüngliche Idee in jeder Theorie ist. Sie prägt und bestimmt jede weitere Entwicklung der Theorie mit. Wie ging es nun weiter mit der Newtonschen Idee des polyzentrischen Universums?

Mit der vorhandenen Idee war der nächste Schritt fast selbstverständlich. Man nimmt zwei schwere Körper und prüft, ob diese sich wirklich anziehen. Nachdem sich dies als richtig erwiesen hat (Henry Cavendish, 1798), galt es als Nächstes herauszufinden, wovon es abhängt, wie stark sich die Körper anziehen. Und so kam ein Schritt auf den anderen. Erst später hat sich gezeigt, dass alles, was sich davor als richtig erwiesen hat, im Mikro- und Makrokosmos nicht mehr gilt. Das Paradigma wurde zu Ende gedacht und war nun nicht mehr ausbaufähig. Diese Situation war genaue dieselbe, die wir in der ökonomischen Theorie seit geraumer Zeit erleben: Man weiß nicht, warum und wann etwas passiert, und liegt bei Vorhersagen immer daneben. Erst neue Ideen haben - vor etwa einem Jahrhundert (Einstein, Planck, Bohr, ...) - die Physik vorangebracht.

Die Naturwissenschaften, so folgern wir, sind deshalb erfolgreich und exakt geworden, weil sie immer wieder ihre Grundlagen (axiomatische Basis) erneuert haben. Ihnen fehlte nie der Mut, das Alte einfach über den Haufen zu werfen und ganz von Neuem anzufangen. Ihr Erfolg ist also ein handfester Beweis dafür, dass es immer möglich ist, eine neue Alternative, heute sagt man Paradigma, zu finden. Natürlich war dies nie einfach. Man musste immer wieder bittere Rückschläge hinnehmen. Auch damit müssen wir rechnen. Trotzdem ist die einzige Alternative, die wir real haben, ein neues Paradigma zu wagen.

Wir werden auf dieser Internetsite einen Vorschlag für eine andere ökonomische Nachfragetheorie machen. Die Idee, auf der diese Theorie beruht, ist eine völlig andere als die der oben aufgeführten Theorien. Es geht also nicht um irgendwelche „Nachbesserung“ oder „Weiterentwicklung“ auf den vorhandenen Grundlagen (axiomatische Basis), sondern um einen richtigen Paradigmenwechsel. Die Idee dieses neuen Paradigma wird natürlich ebenfalls einfach sein. Wir können dieses neue Paradigma - im Sinne des obigen Schemas - folgendermaßen darstellen:

Eine andere Nachfragetheorie
 DIE MOTIVATION UND DIE GRUNDIDEE:  
Eine bessere Erklärung des Nachfragemangels
 URSPRUNG DER GRUNDIDEE:  
Wirtschaft als ein geschlossener Kreislauf

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