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KEYWORDs: ♯Demokratische Geldschöpfung und Geldereglung  
   
 

  Die Geldneutralität und die Quantitätstheorie des Geldes in Kurzfassung
  Eine selektive und interessengeleitete Verallgemeinerung der Tatsachen
       
 
Die Geldmenge muss in einem Lande naturgemäß zunehmen, wenn der Wert des Jahresertrags steigt. Der größere Betrag der während eines Jahres umlaufenden brauchbaren Waren erfordert auch eine größere Summe Geldes, um sie in Umlauf zu setzen.
 
    Adam Smith,  der geistige Vater der Marktwirtschaft   
       
 
Aus der Gesamtheit dieser Argumentation können wir schließen, daß es in Hinsicht auf das innere Glück eines Staates völlig belanglos ist, ob die Geldmenge größer oder kleiner ist. Eine gute Politik des Magistrats bestünde nur darin, sie - wenn möglich - weiter steigen zu lassen, denn dadurch würde er den Geist des Fleißes in der Nation wachhalten und den Bestand an Arbeit vergrößern, worin alle wahre Macht und aller Reichtum bestehen, Eine Nation, deren Geldmenge abnimmt, ist in dieser Zeit tatsächlich schwächer und elender als jede andere Nation, deren Geldmenge nicht größer, aber zunehmend ist.
 
    David Humeder bedeutendste Vertreter der schottischen Aufklärung und der philosophischen Strömung des Empirismus    
       

Die älteren Ökonomen, die Frühliberalen, haben nicht viel über Geld gesagt, genauer ausgedrückt, sie haben keine übereilten Schlussfolgerungen gezogen, die sie zu Gesetzen erklärt hätten. Diese ersten liberalen Ökonomen waren noch ehrliche Wissenschaftler, die als solche die empirischen Tatsachen respektierten, und aus diesen ließen sich keine einfachen kausalen Wirkungen des Geldes feststellen. Die Gewohnheit, selektive Wahrnehmungen zu verallgemeinern, begann erst nach Smiths Tod und wurde immer mehr zum prägenden Merkmal der Ökonomen. Die Realität wurde nur wahrgenommen, wenn sie in die Theorie passte. So haben die falschen Liberalen „entdeckt“, dass das Geld keine realen Wirkungen haben kann, es sei „neutral“. Daraus wurde das „Gesetz“ formuliert, dass zwischen der Geldmenge (M) und dem Preis (P) ein fester und zugleich verblüffend einfacher Zusammenhang besteht:

M   =  k   P   Y                         /  Cambridge Gleichung

M  ×  v    =    P  ×  Y              /  Die Quantitätstheorie des Geldes

Beide Formulierungen sagen im Grunde dasselbe, die zweite ist weiter verbreitet.

Die Geldneutralität als die theoretische Grundlage für die Quantitätstheorie des Geldes

Bevor die liberale Theorie nach Smiths Tod dieses „Gesetz“ entdeckte, sind Theorien entstanden, in denen das Geld kein Faktor der Funktionsweise der Marktwirtschaft ist. Zwei dieser Theorien waren besonders wichtig und einflussreich: Die marktradikale Theorie des 19. Jahrhunderts, die auf dem sogenannten Sayschen Gesetz beruhte, und die neoliberale (neoklassische) Theorie, die auf dem Modell des allgemeinen Gleichgewichts beruht, das am Ende dieses Jahrhunderts von den Dampflokingenieuren Walras und Pareto „entdeckt“ wurde. Über diese beiden „Theorien“ haben wir an anderer Stelle mehr gesagt, jetzt ist für uns nur wichtig, dass sie sich vorgenommen hatten nachzuweisen, dass die Nachfrage in einer Wirtschaft immer groß genug ist, das Angebot zu decken. Aus diesem Beweis kann dann nur folgen, dass mit mehr Geld die Nachfrage völlig unnötig steigen würde, so dass im Endeffekt nur die Preise steigen würden und nichts anderes.

Ist diese Reihenfolge der „Entdeckungen“, zuerst die Theorien von Geldneutralität und erst dann die Quantitätstheorie des Geldes, rein zufällig gewesen? Nein, das war sie nicht. Die Quantitätstheorie kann nicht mit empirischen Tatsachen gerechtfertigt werden. Sie kann nur auf einer glaubhaft wirkenden Theorie beruhen, die sich nicht auf die Realität bezieht. Solche reinen Theorien sind keine wissenschaftlichen Theorien, sie sind nichts anderes und nichts mehr als in einer logischen (und mathematischen) Sprache verfasste Ideologien und Mythen.

Das Erfolgsgeheimnis der Ideologien und Mythen liegt darin, dass sie einerseits tief verankerte menschliche Wünsche ansprechen und andererseits nicht gänzlich abseits der Realität liegen, genauer gesagt, sie können immer gemäß den aktuellen Tatsachen uminterpretiert werden. Diesen Fall haben wir auch bei dem Mythos, genannt „Quantitätstheorie des Geldes“. Es gab in der langen Geschichte der Ökonomie immer wieder Fälle, in denen nach der Vermehrung des Geldes auch die Preise gestiegen sind. Erinnern wir uns an einige von ihnen:

Die Scheinkorrelationen als die Quelle einer unsinnigen Idee

Als nach der Entdeckung von Amerika große Mengen von gestohlenem Gold und Silber aus den Potosi-Gruben nach Europa strömten, sind die Preise gestiegen. Nichts Neues in der Geschichte ist auch, dass die Staatsmänner (und Diktatoren), die eine große Menge von Münzen geprägt haben, einen Preisanstieg hervorgerufen haben. Wäre dies nicht ein empirisch glaubwürdiger Beweis dafür, dass die Geldmenge und das Preisniveau wirklich miteinander korrelieren?

Nein, das ist es nicht. Einfach deshalb nicht, weil man den Zusammenhang, den die obigen Formeln postulieren, nur bei sehr großen und nachhaltigen Geldvermehrungen beobachten konnte. Bei den einstelligen Preisänderungen hat sich dagegen so etwas empirisch nie bestätigt. Die neoliberale Geldtheorie beruht auf einer unzulässigen linearen Verallgemeinerung, die jedoch keine Gesetzmäßigkeit der realen Welt ist. In der Realität verläuft aber vieles nicht linear. Beispiele lassen sich schnell finden. Jedes Medikament, in großen Mengen verabreicht, ist bekanntlich Gift; sollte es in kleineren Mengen auch Gift sein, wenn auch mit entsprechend schwächerer Wirkung? Nach der monetaristischen Logik müsste es so sein. Danach könnte es gar keine medizinisch unschädlichen Medikamente geben. Man erinnert sich da an Paracelsus, einen der Wegbereiter der modernen Medizin, der schon damals wusste: „Alle Ding’ sind Gift und nichts ohn’ Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“

Wenn man die Geschichte betrachtet, muss man immer wieder staunen, wie groß die Geldvermehrung sein muss, damit die Preise deutlich steigen. Im ganzen 19. Jahrhundert sind zum Beispiel die Preise nur während der Hochkonjunktur gestiegen, danach sind sie auf voriges Niveau gefallen - oder noch tiefer. Das war bekanntlich die Zeit des Goldstandards. Die Geldmenge wurde an das Gold gekoppelt, und dessen Menge ist in dieser Zeit immer weiter erheblich gestiegen. Waren es am Anfang des Jahrhunderts etwa 15 Tonnen, so waren es in der Mitte des Jahrhunderts zehnmal mehr. Die Förderung in den Jahren 1901 bis 1910 stieg schätzungsweise sogar auf 567 Tonnen jährlich, wozu die Goldfunde in Kalifornien, aber auch in Australien wesentlich beitrugen. Das ist etwa vierhundert Mal mehr als ein Jahrhundert zuvor. Nach der monetaristischen Auffassung hätten auch die Preise im gleichen Maße steigen müssen, ein ganzes Jahrhundert lang hätten wir also eine galoppierende Inflation haben müssen. Die Preise sind aber trotzdem ungefähr auf dem gleichen Niveau geblieben. Nun hat man in den obigen Formeln auch den Faktor Produktion (Y) berücksichtigt. Die stieg in dieser Zeit, sehr großzügig gerechnet, etwa auf das Fünffache. Wenn man auch das in den obigen Formeln berücksichtigt, hätten die Preise nach einem Jahrhundert etwa hundert Mal höher liegen müssen.

Wenn wir jetzt das 20. Jahrhundert überspringen und uns die Jahre nach der sogenannten Finanzkrise 2008 anschauen, müsste das große „Gelddrucken“ der Notenbanken in der EU schon längst eine Hyperinflation verursachen. Die wird von den neoliberalen Experten und Wirtschaftswissenschaftlern in der Tat ständig prophezeit. Dass keine von ihren Prophezeiungen eingetreten ist, stört sie aber nicht im Geringsten. Die Monetaristen gehören schließlich zu der Familie der Neoliberalen, und dort ließ sich noch keiner durch Tatsachen verwirren.

David Hume als „Entdecker“ der Quantitätstheorie des Geldes?

Erwähnen wir zuerst, dass alle, die man zu den ersten „Entdeckern“ der Quantitätstheorie zählt, keine Ökonomen waren. Die Grundidee stammt von dem Staatstheoretiker Jean Bodin (1529-1596); die erste „mutige“ Formulierung der Quantitätstheorie stammt von dem englischen politischen Philosophen John Locke, der aufbauend auf Bodin den Begriff der Umlaufgeschwindigkeit einführte - dazu kommen wir gleich. Das Konzept wurde von David Hume weiterentwickelt. Das sozusagen Patentrecht auf die Quantitätstheorie gehört dem Ökonomen Irving Fisher (1867-1947). Ein paar Worte über Fisher sind angebracht, damit man eine grobe Vorstellung von seiner wirtschaftstheoretischen Orientierung bekommt.

An erster Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass Fisher ein Verfechter der völlig freien Marktwirtschaft war. Er war auch ein leidenschaftlicher Mathematiker, so dass für ihn das bereits erwähnte Modell des allgemeinen Gleichgewichts von Walras und Pareto als der Weisheit letzter Schluss galt. Mit diesem Modell ist es den neuen marktradikalen und sozialdarwinistischen Liberalen endlich gelungen, den klassischen progressiven Frühliberalismus hinter sich zu lassen. In dem neuen mathematischen Modell der Marktwirtschaft ist eine ökonomische Krise unmöglich. Sollte die freie Marktwirtschaft durch irgendwelche externen Einflüsse überhaupt einmal aus dem Gleichgewicht geraten, sie würde ganz von alleine und sehr schnell zurück ins Gleichgewicht kommen. Mit dieser Überzeugung hat Fisher vor der Großen Depression 1929 sein Geldvermögen in Aktien investiert, weil er noch wenige Tage vor dem Börsencrash am Schwarzen Freitag fest davon überzeugt war, dass die „Aktienkurse ein - wie es scheint - dauerhaft hohes Niveau erreicht haben.“ Dumm gelaufen, kann man da wohl sagen. Auf einen Schlag hat er alles verloren. Wie bekannt, können Tatsachen einen neoliberalen Ökonomen nicht beeindrucken, geschweige denn seinen Glauben an den freien Markt untergraben. Auch nach seiner persönlichen Katastrophe konnte Fisher einfach nicht davon lassen, sich immer weiter zum Narren zu machen. Noch monatelang hat er mit seinem ganzen Renommee als großer Wirtschaftswissenschaftler den Investoren versichert, die Wirtschaft stünde kurz vor einer kräftigen Erholung. Nur ein bisschen mehr Realitätsblindheit würde eigentlich schon eine psychologische Behandlung erfordern - allerdings gelten in der Wirtschaftswissenschaft bis heute noch andere Maßstäbe. Es verwundert nicht, dass eine solche “Kapazität” wie Fisher ein Unterstützer und Berater des damaligen konservativen und marktradikalen Präsidenten Herbert Hoover war. Fügen wir noch hinzu, dass sich Fisher leidenschaftlich dafür eingesetzt hat, den Arbeitern den Alkohol zu verbieten und ihnen persönliche Hygiene zu verordnen. Man kann sich denken warum. Nüchterne und gesündere Arbeiter kann man eben noch besser ausbeuten. Aber kommen wir zurück zu Hume.

Dass Geld an sich nichts Nützliches sei, hören wir auch von Hume. Es sei mit dem Öl als Schmiermittel zu vergleichen, es sei ein Mittel, mit dem die ökonomische Maschine geschmiert wird. Dass das Geld an sich nutzlos ist, haben wir aber schon von Aristoteles und anderen Denkern der Antike gehört. Das Geld ist in der Tat nur ein Werkzeug für etwas. Als solches ist es nicht allmächtig, eine seiner Wirkungen ist Preissteigerung. Hume hat dies mit einfachen Worten erklärt. Wenn bei jedem Mann in Großbritannien durch ein Wunder eines Nachts aus einem Pfund unter dem Kopfkissen zwei würden, würden sich die Preise am Tag danach verdoppeln. „Es ist das Verhältnis zwischen dem zirkulierenden Geld und den Waren auf dem Markt, das die Preise bestimmt“, sagt er ausdrücklich. Das reichte den späteren Quantitätstheoretikern, in Hume ihren wahren Vorläufer zu sehen. War er es wirklich?

Hume war ein empirischer Philosoph, möglicherweise der größte empirische Philosoph aller Zeiten. Deshalb war sein Bild von der Realität nicht so einfach wie das der Quantitätstheoretiker. Auch die gerade zitierte Aussage hat Hume selbst relativiert. Eine einfache Kausalität, mehr Geld gleich höhere Preise, hat er abgelehnt:

„Nach den genauesten Berechnungen, die in ganz Europa gemacht worden sind, stellt man unter Berücksichtigung der änderungen des numerischen Wertes oder des Nennwertes fest, daß die Preise aller Dinge seit der Entdeckung Amerikas nur um das drei- oder höchstens um das vierfache gestiegen sind. Doch will jemand behaupten, daß es nicht mehr als viermal so viel Hartgeld in Europa gäbe wie im 15. Jahrhundert und den Jahrhunderten davor? Spanier und Franzosen bringen aus ihren Minen, Engländer, Franzosen und Niederländer durch ihren Handel mit Afrika und ihre Schleichhändler in Amerika jährlich fast sechs Millionen nach Hause, von denen nicht mehr als ein Drittel nach Ostindien fließt. Allein diese Summe würde wahrscheinlich in zehn Jahren den alten Bestand an Geld in Europa verdoppeln.“ ... >

Hume hat also nicht die Meinung vertreten, dass „das Verhältnis zwischen dem zirkulierenden Geld und den Waren auf dem Markt“ sich nicht ändert. Aber der wichtigere Grund, ihn nicht zu einem Quantitätstheoretiker zu zählen, ist, dass er die Geldneutralität ablehnt. Für ihn bedeutet mehr Geld auch mehr Wohlstand. Es ist aber nicht die Geldmenge selbst, sondern ihre Steigerung, die zu mehr Wohlstand führt. So sagt er, dass es 

„sicher ist, daß seit der Entdeckung der Minen in Amerika der Fleiß in allen europäischen Nationen zugenommen hat, ... und dies kann neben anderen Gründen sicher der Zunahme von Gold und Silber zugeschrieben werden. Entsprechend stellen wir fest, daß in jedem Königreich, in das mehr Geld fließt als zuvor, alles ein neues Gesicht bekommt, Arbeit und Gewerbe sich beleben, Kaufleute unternehmungslustiger, Manufakturisten fleißiger und geschickter werden und sogar der Farmer seinem Pflug mit mehr Eifer und Aufmerksamkeit folgt.“ ... >

Hume bietet auch eine Erklärung für diese erfreuliche Wirkung der steigenden Geldmenge. Diese Erklärung kann man eindeutig als nachfragetheoretisch orientiert bezeichnen. Im damaligen Sprachgebrauch gab es aber die für uns schon längst geläufigen Begriffe wie Gleichgewicht, Angebot und Nachfrage noch nicht, es ist aber offensichtlich, dass Hume darüber spricht. Er sagt, dass mehr Geld vorerst keine Preissteigerung verursache, sondern es erhöhe den Absatz bei den Manufakturisten, Handwerkern, Kaufleuten und Farmern. Bis dahin ist die Erklärung von Hume mit den Tatsachen in bestem Einklang. Das gestiegene Preisniveau ist für ihn lediglich eine unerwünschte Nebenwirkung.

„Es ist in vieler Hinsicht ungünstig, daß Lebensmittel und Arbeit sich durch die Zunahme von Geld und Handel verteuern, doch ist dieser Nachteil unvermeidlich und die Folge jenes öffentlichen Reichtums und Wohlstands, die das Ziel all unserer Wünsche sind.“ ... >

Eine Welt mit immer gleichen Preisen würde jeder lieber haben als eine mit steigenden, das bringt diese Aussage zum Ausdruck. Dagegen lässt sich nichts einwenden. In einer anderen Hinsicht liegt aber Hume falsch. Fassen wir es hier nur ganz kurz zusammen:

Wie gerade festgestellt, war für Hume die Frage, ob Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht sind, unbekannt. Diese Frage taucht erst im 19. Jahrhundert auf, als die freie Marktwirtschaft von schweren Krisen heimgesucht wurde. Unsere kreislauftheoretische Analyse der Funktionsweise der Wirtschaft zeigt, dass die Preise die Nachfrage erhöhen, dass durch höhere Preise eine Nachfragelücke geschlossen werden kann.mehr Deshalb ist die steigende Geldmenge nicht nur so lange realökonomisch wirksam, bis die Preise noch nicht steigen, sondern sie ist auch dann wirksam, wenn die Preise steigen und sogar gerade weil sie steigen. Dass Hume nicht so weit denken konnte, kann ihm natürlich nicht vorgeworfen werden. Als sein großer Freund und Bewunderer Adam Smith sein epochales Werk Der Wohlstand der Nationen veröffentlichte, mit dem die Wirtschaftswissenschaft als neue Wissenschaft erst entstanden ist, lag Hume schon sozusagen auf dem Sterbebett. Und nicht einmal bei Smith taucht das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage als ein ökonomisches Problem, dem man sich theoretisch widmen sollte, auf.

Erwähnen wir noch die Meinungen über die Wirkung der Geldmenge der zwei größten Ökonomen des vorigen Jahrhunderts. Der eine von ihnen, Keynes, hat sogar vorgeschlagen, den Aufstieg der Zivilisation mit dem Geld zu erklären: die sumerische und die ägyptische Zivilisation durch arabisches Gold, Athens Größe mit den Silberminen von Laurium, Roms Macht durch Alexanders Plünderung der persischen Bankreserven und die Stagnation des Mittelalters auf die schmale Versorgung Europas mit Währungsmetallen zurückzuführen. Der andere, Schumpeter, hat diese Beobachtungen von Keynes vervollständigt, als er schrieb, dass das, was „der Aufstieg des Kapitalismus genannt wird, grob gesprochen mit dem Zufluß von Silber aus den Potosi-Gruben und mit einer politischen Situation zusammenfällt, in der die Ausgaben der Fürsten gewöhnlich ihre Einnahmen überstiegen“.... > Auch die Historiker haben diesmal - was wahrhaftig nicht oft vorkommt - den Ökonomen Recht gegeben. „Europa erlebte im 16. Jahrhundert eine fortgesetzte Inflation von nie dagewesenen Ausmaßen. ... Steigende Preise regten eine allgemeine Ausweitung der Geschäftstätigkeiten an, ... Der enorme Preisanstieg findet seine Erklärung zum Teil in dem Einstrom von Edelmetallen, insbesondere Silber, aus der neuen Welt: In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts befand sich die Weltwirtschaft in einer Phase der Silberinflation ... [so] daß das gesamte Produktionsvolumen nicht ausgereicht zu haben scheint, um der Nachfrage völlig zu entsprechen. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts verlangsamte sich das Tempo. Die Preise begannen nachzugeben ... die Jahre um die Mitte des 17. Jahrhunderts haben eine Verfalls- oder Stagnationsphase eingeleitet, die für den Rest des Jahrhunderts andauerte.“... >

Die Umlaufgeschwindigkeit: Das Geheimnis, wie der Trick funktioniert

In der obigen Formel gibt es insgesamt vier Größen, über die als „v“ bezeichnete haben wir noch nichts gesagt. Das Symbol kommt von velocitas oder Geschwindigkeit auf Latein. Hiermit ist die Geschwindigkeit bzw. die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes gemeint. Man kann sich darunter in der Tat etwas vorstellen, das einen Sinn ergibt. Das Geld wechselt bekanntlich ständig seine Besitzer, es kann schneller und es kann langsamer von einem Besitzer zum anderen wandern. Das wird keiner bestreiten. Es leuchtet auch ein, dass sich durch die Gewohnheiten eines Volkes eine stabile Häufigkeit oder Geschwindigkeit ergeben wird, eine, die sich im Laufe der Zeit nur langsam ändert. Es gibt viele solche trägen Phänomene im Leben der Gesellschaft. Der bekannte Soziologe Durkheim hat zum Beispiel herausgefunden, dass die Selbstmordrate in einer Bevölkerung eine sehr stabile, sich nur bei bestimmten Umständen ändernde Größe ist. Aber es gibt nichts auf der Welt, das sich nicht ändert. Wir haben schon oben gesehen, dass Hume auch zugibt, dass die „Umlaufgeschwindigkeit“ des Geldes veränderbar ist. Sie als ein festes Bindeglied der Kausalität zu betrachten, die aus der Formel der Quantitätstheorie folgt, ist einfach falsch. Die Erfahrung zeigt, dass sie nicht sehr stabil ist. Und diese Tatsache lässt sich sehr einfach missbrauchen, weil eigentlich keiner weiß, was die angebliche Umlaufgeschwindigkeit ist. Es geht um Folgendes:

Heben wir noch einmal ausdrücklich hervor, dass man sich unter „Umlaufgeschwindigkeit“ problemlos etwas anscheinend Sinnvolles vorstellen kann. Seit Bodin sind schon fast 5 Jahrhunderte vergangen und viele scharfsinnige Menschen haben sich über sie einiges einfallen lassen, was zweifellos vernünftig klingt, nur etwas ist keinem eingefallen, wie man sie praktisch messen könnte. Und gerade das hat der Quantitätstheorie ihr langes Leben beschert. Sind die Größen Geldmenge (M) und der reale Output (Y) bekannt, das Preisniveau (P) entspricht aber nicht dem, was die Quantitätstheorie ergibt, dann findet man schnell irgendwelche Spitzfindigkeiten, warum sich die Umlaufgeschwindigkeit (v) „unerwartet“ geändert hat, und die Formel stimmt dann wieder. Das Ergebnis wird dann verkündet und als ein weiterer Beweis dafür hingestellt, warum man von dem „Teufelswerk“ Geldpresse tunlichst die Hände weg lassen soll.

 
 
 
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