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  Der Exportweltmeister und der brave Michel in der eigenen Falle (Teil III)
 
 
Es gibt kein gutmütigeres, aber auch kein leichtgläubigeres Volk als das deutsche. … Keine Lüge kann grob genug ersonnen werden: Die Deutschen glauben sie. Um eine Parole, die man ihnen gab, verfolgten sie ihre Landsleute mit größerer Erbitterung als ihre wahren Feinde .
 
    Napoleon Bonaparte        
 
Die Deutschen scheinen ein tragisches Volk zu sein: Sie arbeiten hart, nehmen Gehaltseinbußen hin, um Arbeitsplatz und Export zu sichern, verdienen gut, sparen viel und werden doch immer ärmer. Das kommt davon, wenn man sich auf Staat und Politiker verlässt, die zwar üppige Sozialleistungen versprechen, doch nur trocken Brot liefern - bestenfalls. ... Das Volk mit der größten Wirtschaft in Europa fürchtet Massenarmut im Alter, wo doch die deutsche Wirtschaft von einem Erfolg zum nächsten eilt. Nur eben ohne die Deutschen.
 
  Der Chefredakteur der neoliberalen Wirtschaftswoche (25. November 2013) Roland Tichy        
 
Denk' ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.
 
    Heinrich Heine        

Fassen wir zuerst die wichtigsten Momente der Entwicklung der kapitalistischer Wirtschaft in Deutschland kurz zusammen: Das erste deutsche Wirtschaftswunder in der Kaiserzeit war das Ergebnis einer staatsinterventionistischen Wirtschaftspolitik, die neoliberale Wirtschaftspolitik danach hat zum Ersten Weltkrieg geführt und später zur Großen Depression. Das zweite Wirtschaftswunder in der Nazizeit war das Ergebnis einer nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik. Das dritte nach dem Zweiten Weltkrieg einer neoliberal orientierten -  die als „soziale Marktwirtschaft“ bezeichnet bzw. getarnt wird. Das letzte, also das neoliberale Wirtschaftswunder, war aber nicht wegen der Richtigkeit der in ihrem Hintergrund stehenden neoliberalen Theorie möglich, sondern dank der ganz ungewöhnlichen geopolitischen Umstände. Da sich die kommunistischen Revolutionen als Lauffeuer auf dem Planeten verbreitet haben, mussten die Amerikaner das Deutschland als Schaufenster nach Osten einrichten, indem sie das Überschüssige Angebot der deutschen Wirtschaft absorbierten. An fremder Nachfrage zu parasitieren wurde folglich zum modus operandi des neoliberalen Modells Made in Germany, genannt „soziale Marktwirtschaft“. Und so wie der Drogenabhängige immer mehr von der Droge benötigt, so benötigte auch die deutsche „soziale Marktwirtschaft“ immer mehr fremde Nachfrage, und zwar als sich diese immer schwieriger erlangen ließ. Vor allem aus zwei sehr gewichtigen Gründen:

  • Die keynesianische Wirtschaftspolitik der Nachkriegszeit, die auf der monetären (keynesschen) Nachfragetheorie beruhte, funktionierte immer schlechter und die Amerikaner konnten folglich nicht mehr der großzügige „letzte Abnehmer“ (William Greider) für die ganze kapitalistische Welt sein.
  • Die geopolitischen und ideologischen (politischen) Umstände in der Welt haben sich völlig geändert. Als der Kommunismus zusammenbrach, war es nicht mehr nötig Deutschland zum Schaufenster des Kapitalismus hochzupäppeln. Die Amerikaner brauchten nicht mehr die deutsche Wirtschaft von dem fundamentalen Problem der freien Marktwirtschaft, also von dem Nachfragemangel zu befreien.

Diese Tatsachen konnten die deutschen Neoliberalen nicht wahrnehmen, weil es für sie nicht geben kann, was es nicht geben darf. Für sie hat die freie Marktwirtschaft kein Funktionsproblem, und ein Nachfrageproblem schon gar nicht. Das betrachten sie als endgültig und zwar mathematisch streng nachgewiesen. Nur die Realität wollte davon nie was wissen. Auch die „soziale Marktwirtschaft“ funktionierte im Lauf der Zeit immer schlechter. In den späten 1990er und frühen 2000er Jahren wurde Deutschland oft als „kranker Mann Europas“ bezeichnet. Um diese Lage und die darauf folgenden Versuche die deutsche Wirtschaft zu retten leichter zu verstehen, bedienen wir uns eines Beispiels.

Wählen wir Deutschland und Frankreich als Hauptakteure unseres Beispiels. Ihre Währungen sollen D-Mark (DM) und Franc (FRF) sein. Zunächst ist der Warenhandel zwischen den Staaten ausgeglichen, aber in beiden Wirtschaften herrscht nach wenigen Jahren des Aufschwungs eine hohe Arbeitslosigkeit. Nun verbessert Deutschland seine Konkurrenzfähigkeit mit der neoliberalen Medizin: Sozialausgaben und Steuern werden gesenkt, durch Entmachtung der Gewerkschaften werden auch die Löhne gesenkt und der Arbeitsdruck wird erhöht. Plötzlich ist die deutsche Wirtschaft tatsächlich konkurrenzstärker. Was für ein Wunder! Die deutsche Wirtschaft kann dann mit niedrigeren Preisen in Frankreich ihre Produkte leichter verkaufen, was die französischen Konsumenten sehr erfreut. Die deutschen Firmen haben damit Francs (FRF) erworben, die sie in Frankreich ausgeben könnten, was sie aber nicht vollständig tun. So häufen sich Exportüberschüsse zugunsten Deutschlands. Durch diese Überschüsse hat sich die (gesamte) Nachfrage in Frankreich verringert und reichte nicht mehr dafür aus, dass die französischen Unternehmen all ihre Produkte absetzen können. In Deutschland ist es umgekehrt. Dank der geklauten Nachfrage konnte die deutsche Wirtschaft ihre ganze Produktion (Angebot) absetzen und hatte freilich keine Nachfrageprobleme. Sie blieb im Gleichgewicht und konnte folglich wachsen, die französische Wirtschaft musste schrumpfen und die überzähligen Arbeiter wurden „freigesetzt“.

Der scharfsinnige französische Finanzminister hat das nun alles richtig gesehen und verstanden. Er ließ sich einfallen, wie er der deutschen Wirtschaft ein Schnippchen schlagen wird: Wenn das Abfließen der Francs (FRF) nach Deutschland eine Nachfragelücke in Frankreich aufreißt, dann sollen so viel Francs (FRF) gedruckt werden, bis dieser Geldabfluss kompensiert ist. Danach konnten die deutschen Exporte der französischen Wirtschaft nicht schaden und die französischen Konsumenten können trotzdem Güter aus Deutschland billiger kaufen.

Einer der bekanntesten Ökonomen des vorigen Jahrhunderts, Milton Friedman - der Begründer des Monetarismus, einer vom orthodoxen Neoliberalismus abgespaltenen „Reformkirche“ - hat exakt diesen Fall am Beispiel Japan und USA klar geschildert: „Angenommen, Japan wäre unglaublich erfolgreich in seinen angeblichen Versuchen, seine Exporte in die USA zu pressen, und es würde den Japanern gelingen, uns großen Mengen verschiedener waren zu verkaufen. Was würden die Japaner mit den Dollars tun, die sie aus ihren Exporten erhalten? Frische Banknoten zurück mit nach Tokio nehmen und sie in den Tresoren der Bank von Japan aufzustapeln? Oder lassen sie sich in den Depots der US-Banken Dollars anhäufen? Schön für uns! Können Sie sich einen besseren Handel ausdenken als schöne Textilien, chromblizende Autos und ausgefallene Fernsehsets für eine Handvoll grün bedrückten Papiers zu erhalten? Oder für einige Eintragungen in den Bankbüchern? Wenn die Japaner doch nur willens wären, dies weiter zu tun, könnten wir dafür sorgen, daß sie all die schönen Banknoten, die sie haben wollen, auch bekommen.“ ... > Man würde gleich als selbstverständlich annehmen, sobald die Japaner dieses weltberühmte Buch von Friedman gelesen haben, wollten sie nie mehr Überschüsse erwirtschaften. Fehlgedacht. Versuchen wir zu ergründen, warum sie trotzdem so weitermachten wie vorher. Das ist auch deshalb für uns von großen Interesse, weil ihre Beweggründe weitgehend denen entsprechen, die auch die Befürworter der deutschen Exportüberschüsse im Kopf haben.

Die japanischen Exportüberschüsse sind in US-Dollar notiert, und das ist das Geld, mit dem man heute überall auf der Welt alles kaufen kann. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass sich dies nicht so schnell ändern wird - wozu sonst hat man die NATO. Nur in einem bestimmten Fall wären die Exportüberschüsse als Wertaufbewahrungsmittel wertlos. Wenn die Amerikaner der Welt verbieten würden, für die Dollars aus den Exportüberschüssen Güter auf dem amerikanischen Markt zu kaufen. Dann hätten die Japaner die Güter buchstäblich umsonst geliefert - so wie es Friedman schreibt. Die Japaner gehen vermutlich davon aus, dass dies die Amerikaner nicht tun werden, weil das für den ganzen westlichen Kapitalismus fatal enden könnte. Ja, Amerikaner waren schon immer pragmatisch. Übers Knie brechen war nie ihre Art. Man sollte aber an der amerikanischen Durchtriebenheit nicht zweifeln, auch daran nicht, dass sie ihre Interessen durch ihre Weltmachtposition immer durchsetzen können. Ein aktuelles Beispiel dazu bietet sich gerade, und zwar was Japan betrifft: Nach dem neuesten Trump-Besuch in Japan haben sich die Japaner - ganz freiwillig natürlich - bereit erklärt, von den USA 105 Kampfjets vom Typ F-35 zu kaufen. Im Klartext: Die Japaner dürfen ihre Autos weiter in die USA exportieren, aber sie kaufen amerikanische Waffen. Nebenbei bemerkt: Über die Waffentechnik der Mitgliedsländer bestimmt natürlich die NATO, und in der NATO entscheiden letztendlich die Amerikaner. De facto, die Japaner haben der NATO den Kauf von 105 Kampfjets vom Typ F-35 finanziert - also geschenkt.

Eine mildere Form den Japanern - und allen andren, auch den Deutschen - die Überschüsse zu entwerten ist die Inflation. Deshalb „drucken“ die Amerikaner ungeheuerliche Mengen von Dollars seit Jahrzehnten. Da es auch noch ganz üblich ist, die Exportüberschüsse bevorzugt in amerikanische Staatsanleihen zu investieren, bestimmen nicht die Exportweltmeister, sondern de facto die Amerikaner, was mit den fremden Exportüberschüssen geschehen wird. Nichts könnte schließlich die Amerikaner daran hindern, einfach ganz plötzlich den Staatsbankrott zu erklären. Die Exportüberschüsse wären damit auf einen Schlag ganz weg. Die Amerikaner könnten dies sogar ganz ohne schlechtes Gewissen tun. Sie haben bekanntlich in der ganzen Zeit seit dem 2. Weltkrieg mit den von ihnen gedruckten Dollars dafür gesorgt, dass ihren Verbündeten bzw. Vasallen die Nachfrage nicht ausgeht. Für das einfache Volk in den kapitalistischen Staaten - in Deutschland insbesondere - bedeuteten die amerikanischen Auslandsschulden schließlich „jenes liebenswürdige, gutmütige Laster, das den Schornstein rauchen und den Kaufmann gedeihen läßt“ - um mit Mandeville (1670-1733) zu sprechen.... > Also Arbeit und Brot. Seien wir also ehrlich und sagen ganz laut: Danke Amerika!

Man kann es drehen und wenden wie man es will, für ihre Exportüberschüsse werden die Japaner bestens nur einen Teil ihres Wertes zurückbekommen. Da stellt sich die Frage, ob die japanische exportorientierte Wirtschaftsstrategie auch langfristig gut funktioniert hat. Dem scheint nicht so zu sein. Japan befindet sich bekanntlich schon mehr als zwei Jahrzehnte in der Stagnation bzw. Rezession. Und da sind wir wieder bei Deutschland, dessen Wirtschaft zur gleichen Zeit wie die japanische ins Stocken geraten ist. Wie können schnell erraten, wie sich die deutsche sogenannte „soziale Marktwirtschaft“ dagegen gewehrt hat. Richtig! Mit der orthodoxer neoliberalen Medizin.

Wie oben gerade bemerkt, wurde Deutschland in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren oft als „kranker Mann Europas“ bezeichnet. Der Wirtschaft und den Arbeitnehmern ging es immer schlechter, im Wahljahr 1998 hat die SPD verspochen, mit dieser neoliberalen Knobelei Schluss zu machen. Und die Deutschen haben dem geglaubt. Der Volksmund sagt, Gott schütze mich vor Freunden, vor Feinden schütze ich mich alleine. Aber dem deutschen Volk ist gerade diese Weisheit entgangen. Auch ein kurzes Gedächtnis kann man dem deutschen Volk vorwerfen. Nicht umsonst gab es nämlich schon lange die bekannte schmähende Redewendung: „Wer hat uns verraten, die Sozialdemokraten.“ Es war damals, als Ebert, Noske und Co dem Klassenfeind den Rücken deckten, als er tausende aufmüpfige Arbeiter niedermetzelte. Die SPD hat vor der Wahl 1998 folglich alles versprochen, aber danach alles gebrochen.

An dieser Stelle muss ich etwas hinzufügen, um sozusagen meine persönliche Rechnung mit der SPD zu begleichen. Ich habe für die Wahlen 1998 in mehreren Ortschaften geholfen die Plakate für die SPD zu kleben, wofür ich mich schon längst in Grund und Boden schäme. Ja, wie naiv und dumm von mir! So sehr bedrückt mich aber nicht, dass die SPD so viele Karrieristen und Opportunisten im Dienste des „tiefen Staates“ hatte, das gilt nämlich für jede Partei. Etwas anderes ist wirklich ärgerlich. Die Sozialdemokraten profilieren sich gerade als Partei, die anders ist. Moralisch dreister und ekelhafter kann es nicht sein. Was findet man, wenn man einen SPD-ler unter die Lupe nimmt? Beispiel Schröder: Ohne Vater und als Sohn einer als Putzfrau und Dienstmädchen arbeitenden Mutter ausgewachsen, war er als Kanzler besessen davon, in die Gesellschaft der Reichen und Mächtigen aufgenommen zu werden. Man erinnert sich an seine Brioni-Anzüge und Cohiba-Zigarren. Im Namen des Volkes hat er - wie seine Minister - den Wirtschaftsbossen alle Wüsche von den Lippen abgelesen und sie als „Reformen“ durchgesetzt. So wie zur Weimarer Zeit der Kanzler Brüning, der ursprünglich den Gewerkschaften nahe stand und sie dann auch dreist verraten hat. In wenige Worte gefasst, hat Kanzler Schröder dem deutschen Sozialstaat das Messer in den Rücken gerammt. Er hat das Geld aus den öffentlichen Kassen gestohlen, um mit ihm die Steuersenkungen zu finanzieren, die „Tarifverhandlungen dezentralisiert“, also die Gewerkschaften entmachtet, um die Löhne zu senken usw. Wie er immer wieder sagte, „es gibt keine linke und keine rechte Wirtschaftspolitik, sondern nur richtige“, und damit folglich eine „alternativlose“, womit er keine andere als die neoliberale meinte. Dieses Diagramm sagt auf einen Blick, wofür seine „richtige“ Reformpolitik tatsächlich „richtig“ und „alternativlos“ war:

DIW

Wenn ich heute an den Bundesvorsitzenden der Jusos Kevin Kühnert denke, kann ich in ihm deshalb nichts anderes sehen als einen, der die gleiche Posse wie Schröder durchzieht. Kann man heute eigentlich noch jemanden kompetent oder nur ernst nehmen, der wirres Zeug über die Verstaatlichung labert? Geh zur Hölle du verlogene SPD! Bei der gähnenden Öde im Denken der SPD-ler kommt nämlich etwas ganz klar zum Vorschein: Nichts verstehen sie von Wirtschaft und Gesellschaft, von irgendwelchen neuen Ideen keine Spur in ihren Köpfen. Alles nur reine Demagogie mit nur einem Ziel und Zweck: Wahlen zu gewinnen, dann den Wirtschaftsbossen zu dienen und dadurch für die eigene Karriere nach der Abwahl zu sorgen. Leider betrifft diese absolute Ideenlosigkeit nicht nur die SPD-ler, sondern die ganze linke Bewegung. Die klassische Linke ist tot. Ob endgültig oder tot wie ein Phönix, wissen wir heute noch nicht. Das ist jetzt aber nicht unser Thema. Uns geht es um die deutsche Wirtschaftspolitik, nachdem die USA nicht mehr das Nachfrageproblem der deutschen Wirtschaft lösen konnten und wollten.

Die sozialdemokratischen „Reformen“ sollten ein Befreiungsschlag für die deutsche Wirtschaft sein. Trotz Hurragebrüll über die „richtigen“ Reformen, wollte sich die ökonomische Lage nicht bessern - so wie bei Brüning damals. Es hieß dann, man brauche ein paar Jahre mehr, damit die Reformen wirken, womit es Schröder sogar gelungen ist, die Wahlen ein zweites Mal zu gewinnen. Ein schlechtes Zeugnis für das Volk der Dichter und Denker! Ein arabisches Sprichwort sagt nämlich, wenn du mich einmal reingelegt hast, sollst du dich schämen, wenn du mich aber ein zweites Mal reinlegst, dann soll ich mich schämen. Ein drittes Mal ließ sich das deutsche Volk nicht mehr belügen - immerhin etwas.

Dann kam die Finanzkrise 2008, als der ganze westliche Kapitalismus - wieder einmal - am Abgrund stand. Der große Zusammenbruch wie damals, nach dem Schwarzen Freitag 1929, ist jedoch ausgeblieben. Ein Dominoeffekt von reihenweisen Insolvenzen aufgrund des Nachfragemangels wurde verhindert, indem die Wirtschaft mit frischem Geld („aus dem Nichts“) von den Notenbanken überflutet wurde. Nur wenn man im Kopf neoliberal indoktriniert ist, fällt nicht ein, dass man mit der Bankenrettung eigentlich mit dem Geld Nachfrage geschaffen hat. Es war ein Keynesianismus von der Angebotsseite: für die Reichen. Als „Bankenrettung“ hat man es aus zwei Gründen getarnt: Zum einen, damit die Bürger nicht auf den Gedanken kommen, es würde sich um eine typische periodische Krise des Kapitalismus bzw. der freien Marktwirtschaft handeln (also um ein Systemversagen), zum anderen damit nicht auffällt, dass es sich eigentlich um die Rettung von Monopolen und nicht der Banken handelt. Aber dann begann sich die Lage zu ändern. Deutschland ist erstaunlicherweise zum Exportweltmeister geworden und die Arbeitslosenquote ging schon im Jahr 2010 auf 7,7 Prozent zurück. Im nächsten Jahr erreichten die Exporte 1,7 Billionen US-Dollar, was in etwa der Hälfte des deutschen BIP entsprach und nie zuvor erreicht wurde. Nebenbei bemerkt: Schröder war da schon bei Putin als Gasmann angestellt und hat sich damit beschäftigt, was er schon immer am liebsten gemacht hatte, nämlich Accessoire und Frauen zu wechseln. Und natürlich auch seine andren Minister haben in der Wirtschaft lukrative Sinekuren bekommen: Clement, Eichel, Schily, Joschka, … man braucht nicht lange zu googeln. „Die Reformen haben endlich begonnen zu wirken!“ - so jubelten die deutschen Neoliberalen.dorthin Das scheint zu stimmen, aber eigentlich doch nicht. Um einfach zu erklären, wie bzw. warum die neoliberalen Reformen Deutschland zum Exportweltmeister machten, soll uns wieder ein Beispiel helfen. Wir nützen das obige dazu, indem wir eine Annahme ändern.

In dem Beispiel oben hat der französische Finanzminister durch Gelddrucken die deutschen Exportüberschüsse entwertet, was den deutschen Unternehmern gar nicht recht war. Jetzt dachte der deutsche Finanzminister nach und es fiel ihm eine Mache ein: gemeinsame Währung. Der Weg dahin wurde mit Propaganda vorbereitet, mit der Demagogie über „komparative Vorteile“, „Völkerversöhnung“, „gemeinsame Werte“, usw. Nun wurden D- Mark (DM) und Franc (FRF) durch eine einheitliche Währung ersetzt, über die eine gemeinsame Notenbank souverän entscheiden soll, völlig unabhängig und frei von der „Einmischung“ durch demokratische Entscheidungen und Institutionen - also vollständig am Volk vorbei. In dieser neuen Lage konnte sich Frankreich vor dem deutschen Lohn- und Sozialdumping nicht schützen. Als das dem französischen Finanzminister bewusst wurde, war schon alles zu spät. Der deutschen Klau der französischen Nachfrage konnte er jetzt gar nichts mehr entgegensetzen. Die französischen Firmen mit höheren Steuern und Löhnen wurden von den deutschen aus dem Weg geräumt und die Exportüberschüsse der deutschen asozialen Marktwirtschaft wurden immer größer. Und dann?

Was mit der ganzen französischen Wirtschaft passieren musste, ist dasselbe, was mit einer Firma oder auch einer Privatperson passiert, die insolvent ist und seine Schulden nicht zurückzahlen kann: Pfändung! Was noch Wert hat wird unter den Hammer gebracht und zum Spottpreis verhökert. In unserem Fall der bankrotten französischen Wirtschaft würden dazu vor allem staatliche Firmen, Banken, Naturressourcen, Infrastruktur, ... gehören. Und wer wird das alles zum Spottpreis kaufen können? Natürlich die deutsche Wirtschaft mit ihren Exportüberschüssen. Irgendwann würde die französische Wirtschaft den Deutschen gehören.

Der Leser hat schon längst gemerkt, worauf das Beispiel abzielt. Man nehme anstatt Frankreich einfach Griechenland, und schon ist man in der aktuellen Situation der EU gelandet. Griechenland war aber nur das schwächste Glied in der Kette. Die deutsche neoliberale Wirtschaftspolitik der „Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit“ durch Steuer-, Sozial und Lohndumping hat nicht nur auf die griechische Wirtschaft verheerend gewirkt, sondern mehr oder weniger auf alle europäischen Wirtschaften. Die Frage ist, wie lange sich diese Länder die Dreistigkeit beggar-my-neighbour von den Deutschen noch bieten lassen. Nur zur Erinnerung: Hieß es bei der Einführung der gemeinsamen Währung nicht, die EU und der Euro sollen Wohlstand für alle Bevölkerungsschichten in allen Mitgliedsländern bringen? Im Endergebnis wurden nur die Reichen reicher gemacht, die deutschen Reichen insbesondere. Der arbeitenden Bevölkerung in Deutschland hat es nur insoweit gedient, dass sie ihre Arbeitsplätze behalten konnten, wenn auch nur durch Lohneinbüßen, Arbeitsdruck und Schikanen. Deutscher Michel - wie bescheuert bist du!

Was hat man sich nur ausgedacht, den Fall Griechenland als eine Ausnahme hochzustilisieren. Und natürlich nur die Griechen und kein andrer waren daran schuld. Aber Griechenland war nur der Anfang. Dann kamen die anderen südlichen Länder unter die Räder, wo die Bevölkerung auch gegen Deutschland aufbegehrt. Sogar der ziemlich letzte Verbündeter Frankreich geht allmählich auf Distanz. So schreibt Der Spiegel neulich (3. Mai 2019) mit ein wenig Ironie aber mit Entsetzen und Schrecken zwischen den Zeilen: „Vergangene Woche versuchte sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron als Prophet. Mit einer Mischung aus Genugtuung und Schadenfreude verkündete er den Niedergang Deutschlands. Die Bundesrepublik ,befindet sich vermutlich am Ende eines Wachstumsmodells‘, sagte er. Dieses setze einseitig auf Exporte, beute Kostenvorteile aus und sei ,das Gegenteil des sozialen Projekts, das ich für Europa vertrete‘.“dorthin In der Tat gehen den Deutschen die Freunde aus. Dass man sich in Deutschland darüber ernste Sorgen macht, davon kann man noch nicht so richtig was merken. Warum auch? „Alles nur Neid!“ - reden sich sowohl die deutschen Machteliten als auch der brave Michel ein. Ob man sich aber wirklich keine Sorgen machen muss? Oder vielleicht nur „Hans im Glück“?

Fortsetzung folgt

     
Keywords und Lesehinweise  
#Ordoliberalimus oder die sogenannte "soziale Marktwirtschaft"  
 
Ausführliche Fachartikel auf der Website:  
Wundenlecken nach dem neoliberalen Desaster von Weimar lesen
 
     
     
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