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  Dynamisierung oder Regulierung? Regulierung schon, aber richtig!
 
 
Die eigentlich wichtige Unterscheidung, um das politische Handeln der letzten Jahrzehnte zu verstehen, ist nicht die zwischen rechter und linker Politik. … Die Antwort müsste vielmehr lauten, das Verhältnis zwischen Ordnungsbildung und Dynamik neu auszutarieren, sprich: einen Paradigmenwechsel in Richtung eines neuen Regulierungsparadigmas einzuläuten.
 
    Andreas Reckwitz, deutscher Professor für Kultursoziologie       

Bei der Suche nach Möglichkeiten, wie die Zukunft anders und vor allem besser als die Gegenwart gestaltet werden kann, spielen die Sozialwissenschaften eine entscheidende Rolle. Das gilt ganz besonders für die Ökonomie. Bevor aber eine bessere praktische Politik entwickelt werden kann, müssen zunächst bessere theoretische Grundlagen geschaffen werden. Die gegenwärtige politische Krise bietet die Gelegenheit für einen wissenschaftlichen Neuanfang, der einen politischen Neuanfang tragen kann. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass heute von immer mehr Menschen und sogar den sog. Experten nicht mehr nur auf einzelne, besonders gravierende Missstände hingewiesen wird. Immer öfter werden auch grundsätzlichere Fragen gestellt und sogar ausgewachsene „Systemkritik“ wird geübt. Ein anschauliches Beispiel hierfür kommt vor Kurzem in Form eines Artikels von Prof. Andreas Reckwitz in der taz: dorthin   Er verlangt nämlich in aller Deutlichkeit einen Paradigmenwechsel und erläutert zu Beginn des Artikels:

          „So wie Thomas S. Kuhn von wissenschaftlichen Paradigmen spricht, so gibt es auch im politischen Feld politische Paradigmen und Paradigmenwechsel. Ein politisches Paradigma ist ein allgemeiner Rahmen, wie die politische Gestaltung des Gesellschaftlichen zu denken ist. Wenn es einmal etabliert ist, kann es jahrzehntelang wirken, scheinbar alternativlos. … Ein Paradigmenwechsel ist dann eine tief greifende Transformation, denn er betrifft den Wandel der Vorstellung von gesellschaftlicher Ordnung und politischer Gestaltung insgesamt.  

Man kann sich aber nicht ganz einfach für einen Paradigmenwechsel entscheiden. Bevor die Gestaltung eines neuen Paradigmas in Angriff genommen werden kann, muss sich die betreffende Wissenschaft erst einmal selbst weiterentwickeln. Die Naturwissenschaften entwickeln sich bekanntlich sehr schnell, so dass es bei ihnen auch erfolgreiche Paradigmenwechsel stattfinden, die Fortschritte in den Sozialwissenschaften sind dagegen langsam, bescheiden und widersprüchlich. Insofern ist es nur folgerichtig, dass in diesen Wissenschaften immer noch große Schwierigkeiten bestehen, über Paradigmenwechsel überhaupt zu sprechen. Zu den bekanntesten Beispielen gehören das sich mittlerweile abgemeldete „Ende der Geschichte“ von Fukuyama und die „Stückwerktechniken“ von Popper. Deshalb ist schon bemerkenswert, wenn Reckwitz feststellt, es habe im 20. Jahrhundert zwei Paradigmenwechsel gegeben. Aber damit noch nicht genug. Es wäre heute üblich, wenn er als Soziologe bzw. Kultursoziologe unter den Paradigmenwechseln etwa die beiden Weltkriege, die Entstehung neuer Ideologien wie Faschismus und Kommunismus, technologische Revolutionen ... gemeint hätte. So hat es Reckwitz aber nicht gemeint und damit nicht nur den Mut gezeigt, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, sondern er hat auch ein tieferes Verständnis der Problematik an den Tag gelegt. Das erwähnte waren zweifellos große historische Ereignisse, auch richtige Wendepunkte der Geschichte aber Paradigmenwechsel waren das nicht. Der Paradigmenwechsel ist heute in der Tat verschieden verstanden, deshalb ist es angebracht sich kurz damit auseinanderzusetzen, was Paradigmen eigentlich sind.

Paradigmen sind durch allgemeine Grundlagen bestimmt, auf denen wissenschaftliche Theorien und Modelle errichtet werden. In den Naturwissenschaften wurden bereits mehrfach diese allgemeinen Grundalgen ausgetauscht und damit Paradigmenwechsel vollzogen, und zwar immer dann, wenn die bestehenden Theorien und Modelle keine neuen Erkenntnisse erbringen und Lösungsansätze für praktische Probleme anbieten konnten. Der Übergang vollzieht sich dabei nicht linear und kontinuierlich, sondern als grundlegender Umbruch, denn altes und neues Paradigma wiedersprechen sich nicht nur teilweise, sondern in wesentlichen Fragen. Sie sind untereinander nicht kommensurabel – sozusagen nicht kompatibel. Der bereits von Reckwitz erwähnte Thomas Kuhn wörtlich: „Während der wissenschaftlichen Revolutionen sehen die Wissenschaftler neue und andere Dinge. Es ist fast, als wäre die Fachgemeinschaft plötzlich auf einen anderen Planeten versetzt worden, wo vertraute Gegenstände in einem neuen Licht erscheinen und auch unbekannte sich hinzugesellen.“ Ein Paradigmenwechsel bedeutet also nicht besser zu denken, sondern anders zu denken. Neue Paradigmen sind aber keineswegs „große Erzählungen“, von denen die so genannten postmodernen Philosophen so gerne schwadronieren. Faschismus und Kommunismus waren tatsächlich solche große Erzählungen, aber keine Paradigmen. Ein wesentliches Merkmal der Paradigmen ist nämlich, dass sie in sich schlüssige Denkweisen sind. Sie sind Produkte der Logik bezogen auf Empirie, die „großen Erzählungen“ dagegen Produkte der Phantasien aus menschlichen Sehnsüchten. Der Unterschied könnte nicht größer sein.

Das ökonomische Paradigma des 20. Jahrhunderts nach der Weltwirtschaftskrise in den 1930er-Jahren war laut Reckwitz das Regulierungsparadigma, das in den 1980er-Jahren vom Dynamisierungsparadigma abgelöst wurde. Die Ökonomen sprechen hier üblicherweise von  Keynesianismus und Neoliberalismus. Wegen der wichtigen Rolle der Regulierung, die aus der Theorie von Keynes hervorgegangen sind, ist es zumindest nicht falsch den Keynesianismus als ein neues Paradigma zu betrachten. Es ist aber ganz falsch, den Neoliberalismus als Dynamisierungsparadigma zu bezeichnen. In den 1980er-Jahren geschah in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften nichts Neues, weder theoretisch noch wirtschaftspolitisch, sondern es war nur eine Rückkehr des Kapitalismus des 19. Jahrhunderts, wie ihn Marx sehr gut beschrieben hat. Als sich nämlich die westlichen Machteliten der kommunistischen Revolutionen nicht mehr fürchten mussten, haben sie einfach begonnen die sozialen und humanitären Zugeständnisse, die sie der Gesellschaft gegenüber gemacht hatten, wieder zu kassieren. Ebenso falsch ist es, die nun Deregulierung bzw. den Abbau der angeblichen „Überregulierung“ als eine notwendige Reaktion auf das totale Versagen des Keynesianismus zurückzuführen. Zu sagen, „in den 1970er-Jahren geriet das Regulierungsparadigma in eine grundsätzliche Krise, eine sozioökonomische und soziokulturelle Krise zugleich“ ist zumindest fahrlässig, wissenschaftlich aber falsch. Reckwitz hätte es eigentlich besser wissen müssen. Wenn man nämlich die Jahrzehnte des angeblichen „Dynamisierungsparadigmas“ mit den (drei) Jahrzehnten des „Regulierungsparadigmas“ sogar nach rein ökonomischen Kenngrößen beurteilt bzw. vergleicht, stellt sich heraus, dass die neoliberalen Jahrzehnte nur was die Inflation betrifft ein wenig besser waren, ansonsten waren sie überall schlechter. Und was die Steigerung der Produktivität betrifft, diese hat sich erst recht nichts dynamisiert, sondern richtig entdynamisiert. Wo fand also überhaupt eine „Dynamisierung“ statt? Wie kann man dann von einem Dynamisierungsparadigma sprechen? Ja, die Dynamisierung wurde damals vollmundig versprochen, durch „weniger Staat“, „weniger Regulierung“ und „mehr Freiheit“. Dem könnte man noch hinzufügen „und des Sozialen und Humanen“. Wie wir es gerade sehen, das neoliberale Paradigma stößt nach dem Ausbruch der Krise vor etwa 10 Jahren nicht etwa an seine Grenzen der „Dynamisierung“, sondern es wurde einfach nur ihr Scheitern offensichtlich.

Reckwitz bleibt aber lobenswerterweise nicht einfach bei einer pauschalisierten Kritik des Dynamisierungsparadigmas, die keinem was bringt und niemandem schadet. Für einen Sozialwissenschaftler ist in unserer Zeit es durchaus mutig zu sagen:

          „Die Antwort müsste vielmehr lauten, das Verhältnis zwischen Ordnungsbildung und Dynamik neu auszutarieren, sprich: einen Paradigmenwechsel in Richtung eines neuen Regulierungsparadigmas einzuläuten.  

Was ist aber Regulierung? Vereinfacht gesagt bedeutet der Begriff Regulierung in Politik und Sozialwissenschaften üblicherweise die Einflussnahme auf das Handeln von Menschen, indem Regeln aufgestellt werden, die einzuhalten sind. Es gibt schon seit Jahrzehnten eine ganze Wissenschaft, die sich mit solchen Fragen beschäftigt, die Kybernetik. Vor allem hat sie geklärt, dass die Lenkung von komplexen Prozessen und Systemen entweder durch Regelung oder durch Steuerung erfolgen kann.

          Eines Tages, so beschreibt es Norbert Wiener (1894–1964), brachte ich „eine Gruppe von Neuropsychologen, Fernmeldeingenieuren und Rechengerätfachleuten in Princeton zu einer zwanglosen Sitzung zusammen“; und weiter: „Ich glaube, diese Tagung kann wohl als der Geburtstag der neuen Wissenschaft der Kybernetik gelten, oder der Theorie der Kommunikation und der Steuerungs– und Regelungsvorgänge bei Maschinen und lebenden Organismen.  

Die Sozialwissenschaften haben aber offensichtlich nicht mitbekommen - oder absichtlich ignoriert -, dass es die Kybernetik gibt. Das ist eigentlich sehr seltsam, nicht nur wenn man bedenkt, dass die Kybernetik von Anfang an nicht nur auf Naturwissenschaft und Technik im engeren Sinne, sondern interdisziplinär ausgerichtet war. Es ist nämlich heute kaum bekannt oder es wird einfach geleugnet, dass der ursprüngliche Liberalismus, also die Markttheorie von Adam Smith, als geregelte Ordnung konzipiert ist. Ja, trotz der sprichwörtlichen „unsichtbaren Hand“ und der von Smith selbst gewählten Bezeichnung „einer Ordnung der natürlichen Freiheit“ ist sie eben keine freiheitliche Ordnung. Man kann in den Originalwerken von Smith so lange suchen wie man will, man wird die Vorstellung von der Freiheit, die von sich aus und spontan Ordnung schafft, nirgendwo finden.

Smith steht mit seiner Idee der Marktwirtschaft in der vordersten Reihe der Vertreter der geregelten Ordnung, die eine der revolutionärsten Ideen zu Anfang der Moderne ist. Zu den weiteren wichtigen Vertretern und Entwicklern dieser Idee gehören v. a. Spinoza und Hume. Ist man sich dessen erst einmal bewusst, kommt man aus dem Stauen nicht heraus. Das bedeutet schließlich, dass die Idee einer geregelten Ordnung, also eine neue Vorstellung über Lenkung von Prozessen und Systemen, nicht in den Naturwissenschaften entstanden ist, sondern in der frühmodernen Philosophie, Erkenntnistheorie und Ethik. Dieser Ansatz blieb leider theoretisch unterentwickelt und hat das Niveau eines Paradigmas nicht erreicht, so dass er auch deshalb bald in Vergessenheit geraten ist. Die frühmodernen Denker sind gewissermaßen auf halbem Weg zu einer allgemeinen Theorie der geregelten Ordnung stecken geblieben. Aber was sie erreicht haben, war zweifellos eine hervorragende Leistung, eine Errungenschaft, die aus mehreren Gründen erstaunlich ist: Erstens, weil sie sensationell früh erfolgte, also zu einer Zeit, als die modernen Wissenschaften noch in den Kinderschuhen steckten. Zweitens, weil sie der Beschäftigung mit den elementarsten psychologischen und sozialen Problemen entsprang. Drittens, weil sie mit minimalem Einsatz von vergleichsweise einfachen Methoden und ohne den Einsatz von Mathematik erreicht wurde. Und viertens – um dem Ganzen die Krone aufzusetzen –, weil es sich um den ersten Versuch in der Geschichte handelt, eine wissenschaftlich fundierte Alternative zur davor herrschenden hierarchisch und zentralistisch gelenkten – also gesteuerten - sozialen Ordnung zu entwickeln.

An dieser Stelle lassen sich die bereits oben angesprochenen Begriffe Steuerung und Regelung nicht ausführlich erklären. Der hier gebotenen Kürze entspricht am besten eine tabellarische Darstellung wie nachfolgend. Bereits hieraus geht eindeutig hervor, dass auch die oft vorgebrachten Einwände der Regulierungsgegner im Hinblick auf „Überkomplexität“ (z.B. Luhmann) oder „unzureichendes“ Wissen (z.B. Popper) nicht stichhaltig sind:

 

 

Steuerung

Regelung

Beschaffenheit des Systems:

deterministisch

ohne Belang

Datenbedarf:

hoch
      (vollständiges Wissen)

niedrig
      (partielles Wissen)

Status des Lenkers:

er kennt das System vollständig

er reagiert nur auf etwas

Wirkungsablauf:

subordinativ
      (mehrere  Befehlsstufen)
       Weitergabe der
       Determination

zirkulär
      (mit feedback)
       Rückführung der Wirkung
       auf ihre eigene Ursache

Behandlungsweise der Störungen:

verhindern, beseitigen

ausweichen, ausgleichen

Sozialer Kontext:

elitär–expertokratisch

egalitär–demokratisch

Lenkungsaufwand:

hoch

niedrig

 

Wenn man bedenkt, wann Smith seine Marktwirtschaft als eine geregelte Ordnung entworfen hat (1776), leuchtet es ein, dass er nicht alles richtig machen konnte. Als Ökonom konnte er in der Tat nicht ahnen, was in der Zeit bald nach seinem Tod mit der Marktwirtschaft passieren würde. Die völlig freie Marktwirtschaft stellte sich nämlich als instabiles System heraus, das periodisch zusammenbricht, und zwar ohne Störung von außen. Immer wieder stürzt das Wachstum ab, und in den Lagern der Unternehmen stapeln sich die unverkäuflichen Waren bergeweise. Diese „allgemeine Überproduktion“ oder „allgemeine Überschwemmung“ (general glut) des Marktes mit Gütern aller Art ist bei jeder periodischen Krise der freien Marktwirtschaft zu beobachten. So etwas kam bei keiner früheren ökonomischen Ordnung vor. Die neoliberalen Ökonomen, die heute - immer noch - den Mainstream in der Wirtschaftswissenschaft stellen, wollen das bis heute nicht eingestehen. Immer wenn die Konjunktur zusammenbricht, begeben sie sich auf die Jagd auf den „schwarzen Schwan“. So haben sie beim Krisenausbruch vor 10 Jahren die Schuld (wieder einmal) bei der Finanzwirtschaft gesucht; heute wird wohl die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus herhalten müssen, obwohl die Konjunktur bereits Ende 2019 merklich in den Sinkflug ging.

Worum geht es bei den ökonomishcen Krisen? Nicht nur in den technischen Wissenschaften, sondern auch in der Biologie ist schon längst bekannt, dass der periodische Zusammenbruch von Prozessen und System die Folge schlechter bzw. dysfunktionaler Regelung ist. Um bessere Ergebnisse zu erzielen muss man aber die Prozesse und Systeme besser kennen. Das Wollen kann nicht das Kennen ersetzen. Philosophisch ausgedrückt kommt das Bewusstsein (Wissen) vor dem Sein (Praxis). Man muss also zuerst eine logisch schlüssige und empirisch belegbare Antwort auf die Frage finden, warum die freie Marktwirtschaft überhaupt instabil ist. Die oft diskutierte Frage, ob es mehr oder weniger Regulierung geben soll, geht also am Wesentlichen vorbei, die Pferde werde hinter den Wagen gespannt, da die Ökonomie noch gar nicht geklärt hat, warum die ganze Wirtschaft plötzlich Problem hat, ihre bereits hergestellten Güter abzusetzen (realisation crisis). Die Erklärung für die Instabilität der völlig freien Marktwirtschaft von Keynes, auf dem das Regulierungsparadigma nach der großen Depression basierte, ist aber dafür nicht ausreichend. Sie führt die Instabilität auf einen periodisch wiederkehrenden Nachfragemangel zurück, der angeblich durch die Geldhortung verursacht wird. Die ist aber nicht richtig. Damit erzielte sie zwar wirtschaftspolitische Erfolge, aber ein großes Problem blieb, wie der CSU-Politiker Gerhard Kroll (1910-1963) frühzeitig erkannte:

          „Solange die Entstehung des Nachfragedefizites selbst ungeklärt bleibt, ruhen alle Vorschläge zu seiner Überwindung auf tönernen Füßen, sind theoretisch unhaltbar oder verworren und können jederzeit wieder wegargumentiert werden. Keynes vermochte zwar das Nachfragedefizit nicht aufzuhellen, aber sein Verdienst, diese Frage hartnäckig gestellt und in den Augen der Welt die Richtigkeit des Sayschen Theorems erschüttert, gleichzeitig aber eine gegen jede Wirtschaftskrise brauchbare Therapie entwickelt zu haben, bleibt auch für uns unbestritten.“ Gerhard Kroll  

So konnte der Keynesianismus niemals einen echten Paradigmenwechsel vollziehen und wurde schließlich von der neoliberalen Theorie verdrängt. „Der radikale Wandel in der Wirtschaftstheorie ist“ – verkündete Milton Friedman bei der Verleihung des Nobelpreises für Ökonomie (1976) – „nicht das Ergebnis eines ideologischen Krieges. Verantwortlich ist fast ausschließlich die Macht der Ereignisse. Die Erfahrung zeitigte weit mehr Wirkung, als der mächtigste ideologische oder politische Wille es vermocht hätte“. Das war nun doch zu viel der Bescheidenheit, aber die (multiplikatorische) Wirkung der Staatsausgaben wurde tatsächlich immer schwächer.

Mit der Suche nach einer Erklärung der periodischen Krisen in dem Nachfragemangel war der Keynesianismus allerdings auf der richtigen Spur. Nur weil man die Erklärung des Nachfragemangels so lange keiner gefunden hat, muss das nicht bedeuten, es könne niemals gelingen. Schließlich lässt sich auch ein echter Paradigmenwechsel in der Wirtschaftswissenschaft nicht prinzipiell ausschließen. Nach meinen Erkenntnissen können wir tatsächlich die Vorteile der Marktwirtschaft nutzen und ihre Nachteile weitgehend vermeiden. Dafür müssen wir nicht einmal unsere bestehenden Institutionen grundlegend ändern, sondern nur die Art und Weise, wie wir sie einsetzen. Dies erfordert jedoch eine Überwindung der gegenwärtig vorherrschenden Expertokratie von vorgestern sowie der verbreiteten Vorstellung eines Gegensatzes zwischen weltweiter Prosperität und Ökologie. Das betrifft dann aber nicht nur die Wirtschaftspolitik, sondern die Politik insgesamt. Das könnte es sein, was Reckwitz meint wenn er davon spricht, einen „Paradigmenwechsel in Richtung eines neuen Regulierungsparadigmas einzuleiten“.

 

     
Keywords und Lesehinweise  
#Der real existierende Kapitalismus: seine zyklischn Krise und Kriege  
 
Ausführliche Fachartikel auf der Website:  
Die wellenförmige Funktionsweise der (laissez-faire) Marktwirtschaft lesen
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Marktwirtschaft neu denken: Teil I, Kapitel 4.3b  
 
     
     
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