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  Die Geburt und der Untergang des kolonialen bzw. neoliberalen Kapitalismus (3)
       
  Schlüssigkeit als Grundlage der erfolgreichen wissenschaftlichen Theorien und Modelle  
       
   
        „Wir haben nun der Ratio und der Erfahrung ihren Platz im System einer theoretischen Physik zugewiesen: Die Ratio gibt den Aufbau des Systems, die Erfahrungsinhalte und ihre gegenseitigen Beziehungen sollen durch die Folgesätze der Theorie ihre Darstellung finden.  
Albert Einstein  
        „Es gibt zwei entgegengesetzte Kräfte, die an jeder guten wissenschaftlichen Theorie zerren; die eine tendiert in Richtung Belegmaterial, die andere in Richtung System. ... Würde eine dieser beiden Triebkräfte nicht durch die andere in Schach gehalten, wären ihre Resultate des Namens ,wissenschaftliche Theorie‘ unwürdig: in einem Fall ein bloßes Verzeichnis von Beobachtungen, im anderen ein Mythos ohne Fundament.  
Willard Quine, amerikanischer Philosoph und Logiker  
   
 
       

Was unterscheidet Prophezeiungen eines Sterndeuters, Kartenlegers oder Kaffeesatzlesers von den Vorhersagen der seriösen Wissenschaften? Das ist nicht besonders schwer herauszufinden. Wenn man ein und denselben Kaffeesatz 2, 3 oder 100 Kaffeesatzleser anschauen lässt, wird man 2, 3 bzw. 100 verschiedene Prophezeiungen bekommen - oder sogar noch viel mehr. Und die sind in sehr allgemeinen Worten in einer Art Bildersprache geschrieben, so dass sie ex post auf beliebige Weise interpretiert werden können. Ein erwähnenswertes Beispiel dafür sind die prophetischen Gedichte des mittelalterlichen Alchimisten und Mystikers Nostradamus (1503-1566), die noch heute immer wieder für Aufregung unter dafür empfänglichen Leuten gut sind. Es ist immer so: Wenn ein bedeutendes Ereignis bereits geschehen ist, finden die Ausleger und Erläuterer seiner Prophezeiungen zahlreiche Hinweise, dass gerade dieses Ereignis eindeutig und genau von ihm vorhergesagt worden ist. Dummerweise konnten diese Nostradamus-Spezialisten das Auftreten des angekündigten Ereignisses nie im Voraus (ex ante) aus der Prophezeiung entnehmen. In den seriösen Wissenschaften ist es anders und zwar aus gewichtigen Gründen.

Der wesentliche Unterschied zwischen Prophezeiungen und (seriösen) wissenschaftlichen Voraussagen liegt darin, dass letzteren ein logisch kohärentes und konsistentes Denksystem zugrunde liegt, in dessen Rahmen Theorien oder Modelle hergeleitet werden. Das strengste solcher Denksysteme ist immer noch die Mathematik. Warum sie ein logisch kohärentes und konsistentes Denksystem ist, lässt sich sehr einfach und schnell an einem Beispiel veranschaulichen. So ergibt sich in diesem System, dass die Summe der Winkel in einem Dreieck 180° beträgt. Im Laufe der Geschichte haben Mathematiker zahlreiche Wege (Methoden) herausgefunden, diese Summe mithilfe der Mathematik zu ermitteln, das Ergebnis war immer ein und dasselbe: 180°, trotz der ganz unterschiedlichen Wegen zu ihm. Schließlich können mathematische Theorien und Modelle nicht alles mögliche vorhersagen, sondern nur etwas, was sich streng denken lässt. Aus dem schon erwähnten Kaffeesatz ist dies ganz sicher nicht der Fall und kann auch gar nicht sein, denn nicht durch das strenge Denken, sondern in Bezug auf irgendeine mystische transzendentale Macht erkennt der „Spezialist“ für Kaffeesatz „intuitiv“ die Zukunft.

Zu den logisch kohärenten und konsistenten Denksystemen gehören nicht nur die mathematischen, also diejenigen, in denen Größen und Zusammenhänge als Quantitäten mit beliebig vielen Dezimalstellen auftreten. Zum Beispiel auch die binäre (ja/nein) formale Logik schafft kohärente und konsistente Denksysteme. Wenn man nur Worte aneinander reiht und „intuitiv richtig“ kombiniert, entspricht das dem strengen Denken nicht: Die postmodernen Philosophen (Foucault, Vattimo, Cioran, Derrida, Eco, Lyotard) haben dies als „große Erzählungen“ bezeichnet. Kant, Hegel, Marx, ... Popper, Sartre, ... Luhmann, Sloterdijk...  ja, sie und viele anderen sind nur Erzähler. Und auch die Sozialwissenschaften, in denen Worte aneinander gereiht und kombiniert werden, sind nur Erzählungen.

Seit mehr als zwei Jahrhunderten wissen wir, hat also die Praxis klar gezeigt, dass die erfolgreichen Wissenschaften diejenigen sind, die analytisch streng sind. Sie sind systemisch. Man kann nicht dies, das und dann auch was anderes als Theorie oder Modell entwerfen. Die strenge Logik bestimmt, wie eine Theorie oder ein Modell entworfen sein kann und wie nicht. An sich betrachtet, sind solche - im Rahmnen der formale Denksysteme - entworfene Theorien und Modelle vorerst nur noch „Leerforemen möglicher Wissenschaften“ (H. Weyl). Sie gelten als wissenschaftlich richtig erst wenn sie in der Zukunft (ex post) empirisch mit Tatsachen bestätigt werden. Noch genauer gesagt, wenn sich mit ihnen (ex ante) Vorhersagen verkünden und Handlungen vorschlagen lassen, die durch Tatsachen (ex post) empirisch bestätigt werden. Die erfolgreichen Wissenschaften sind einerseits systemisch und andererseits empirisch. Bleiben wir aber bei der Wirtschaftswissenschaft. Sie war zuerst nicht oder kaum mathematisch. Bei Smith gar nicht, aber sie war doch systemisch und empirisch - dazu später. Die spätere liberale Wirtschaftswissenschaft, die alles auf die Idee der Freiheit setzte, konnte sich vorerst nicht durchsetzen, ihre Erzählungen waren wirklich übergeschnappt und vulgär - da hatte Marx recht. Um dieses Haufen von Spitzfindigkeiten und Belanglosigkeiten zu retten, hat sie Walras vor gut einem Jahrhundert in mathematische Sprache übersetzt oder eingekleidet (Mathematische Theorie der Preisbestimmung der wirthschaftlichen Güter, 1874). Über diese historische Entwicklung weiter

Dank dieses Modells des „allgemeinen Gleichgewichts“ von Walras ist die neoliberale Theorie der Marktwirtschaft tatsächlich systemisch geworden, was uns ermöglicht, klar genug zu erkennen, wie sie die Funktionsweise der Marktwirtschaft versteht. Bevor wir dazu kommen, ist es angebracht noch zu bemerken, dass das Modell von Walras nicht den naturwissenschaftlichen Theorien und Modellen entspricht. Die letzteren sind nicht nur systemisch, sondern auch empirisch, das Modell von Walras ist das nicht. Seine Größen sind nicht messbar. Genauer ausgedrückt: Sie sind nicht nur schlecht messbar, sondern gar nicht messbar! Ganz kurz und zugleich sehr anschaulich hat dies Norbert Wiener (1894-1964), der Begründer der neuen Wissenschaft der Kybernetik, beschrieben:

„Der Erfolg der mathematischen Physik weckte beim Sozialwissenschaftler eine gewisse Eifersucht auf ihre Macht, ohne daß er die Geisteshaltung recht verstehen konnte, die dazu beigetragen hatte. Die Anwendung mathematischer Formeln hatte die Entwicklung der Naturwissenschaften begleitet und war in der Sozialwissenschaft Mode geworden. Gerade wie die primitiven Völker die westlichen Gepflogenheiten denationalisierter Kleidung und des Parlamentarismus übernehmen aus einem unklaren Gefühl heraus, daß diese magischen Riten und Bekleidungen sie auf die Höhe moderner Kultur und Technik erheben werden, so haben die Volkswirtschaftler die Gewohnheit entwickelt, ihre ziemlich unpräzisen Ideen in die Sprache der Infinitesimalrechnung zu hüllen. ... Hierbei weisen sie kaum mehr Unterscheidungsvermögen auf als die Eingeborenen des Kongo bei der Ausübung ihrer neuen Riten. Die von den Volkswirtschaftlern angewandte Mathematik und die mathematische Physik, die sie als Modell benutzen, sind die Mathematik und die mathematische Physik von 1850. ... Sehr wenige Volkswirtschaftler sind sich dessen bewußt, daß, wenn sie das Verfahren der modernen Physik und nicht ihre bloße Erscheinung nachahmen wollen, eine mathematische Ökonomie mit einer kritischen Einschätzung dieser quantitativen Begriffe und der Mittel beginnen muß, die angewandt werden, um sie zu sammeln und zu messen. ... Es ist weder nützlich noch ehrlich, den Anschein zu erwecken, daß solche, im wesentlichen vage Größen exakte Werte seien, und jeder Anspruch, präzise Formeln auf diese dürftig definierten Größen anzuwenden, ist ein Betrug und eine Zeitverschwendung.“ (Gott & Golem Inc., Econ-Verlag, Düsseldorf-Wien, 1965, S. 120-122.)

Im Folgenden wird es aber nicht darum gehen, herauszufinden, wie man allgemeine Theorien und Modelle operativ und praktisch machen lässt. Es wird uns reichen festzustellen, wass das Walrassche Modell wirklich prinzipiell klar genug darüber aussagt, wie die Marktwirtschaft funktioniert. Da es systemisch - also mathematisch ist -, ist dies kein Problem. Natürlich steht dem Modell immer frei, seine Beschreibung der Wirklichkeit, die sich als falsch erwiesen hat, mit „schwarzen Schwänen“ zu retten. Es gibt keine so dumme Theorie, die man so nicht retten kann, deshalb werden wir im Folgenden das nicht tun. Wir werden das Modell zuerst anwenden, um zu prüfen, wie es das Entstehen des Kapitalismus deuten kann und dann auch seine weitere Entwicklung, also den real persistierenden Kapitalismus.

Es soll noch etwas zum Modell bemerkt werden, damit nicht unnötige Gedanken aufkommen in der Richtung, das Modell von Walras wäre angeblich schon veraltet, die Wirtschaftswissenschaften wären heute viel weiter. So etwas stimmt nicht einmal im weitesten Sinne. Die neoliberale Theorie fußt bis heute auf dem Modell des allgemeinen Gleichgewichts von Walras. Kein geringerer als Schumpeter bezeichnete das Modell des allgemeinen Gleichgewichts fast pathetisch als „Magna Charta“ der Wirtschaftswissenschaft und hielt Walras für einen der tiefsinnigsten Denker aller Zeiten. Das Modell sollte „das Hauptwerkzeug der Analyse in jeder reinen Theorie sein, die mit einem rationalen Schema arbeitet“. Wo er Recht hat, hat er Recht. Wie sollte nämlich das mathematische Modell von Walras nicht ein strenges „rationales Schema“ sein, wo Walras selbst in aller Deutlichkeit erklärt, dass er bei seiner Herleitung eine Methode verwendet, „welche die präzisen Definitionen, die wissenschaftliche Strenge der Schlüsse der reinen Mechanik in die reine Volkswirtschaftslehre einführt“ (Walras: 17).

Walras war ganz stolz darauf, dass seinem ökonomischen Modell das partikel–mechanische Modell Pate stand. Es war noch die Zeit, als die klassische Physik den Ruf einer „Königin der Wissenschaften“ genossen hat. Zur Erinnerung: Alexander Pope hat sich drei Jahre nach Newtons Tod die Inschrift für sein Grab in Westminster Abbey erdacht: „Natur, Naturgesetze im Dunkeln sah man nicht, Gott sprach: Es werde Newton! Und es ward Licht.“ Auch der französische Mathematiker und Gelehrte Joseph–Louis Lagrange bemerkte damals in Bezug auf Newton majestätisch: „Er ist der Glücklichste, das System der Welt kann man nur einmal erfinden.“ Die klassische Mechanik ist damals zur Gottheit geworden. Die ganze Erkenntnistheorie von Kant zum Beispiel ist nur eine billige Vulgarisierung des Weltbildes, die im partikel–mechanischen Modell steckt. Aber das partikel-mechanische Weltbild hat sich als nur der sprichwörtliche Hochmut erwiesen, nach dem der Fall kommt, was am Beginn des vorigen Jahrhunderts geschehen ist in Relativitätstheorie, Quantenphysik, ... Am Anfang des 20. Jahrhunderts hat man sich von dem partikel-mechanischen Modell dann endgültig verabschiedet. Heute sind sich die Naturwissenschaftler darin einig, dass „es keine einzige Wissenschaft gibt, die exakt mit dem strengen Newtonschen Modell übereinstimmt“ (Wiener 1963a: 70). Als Begründer der Kybernetik, die eine sehr interdisziplinäre Wissenschaft ist, musste Wiener das wissen. Es ist in der Tat so, dass das Modell aus der Zeit der Postkutsche und der Dampflok heute nur noch in den Köpfen der Ökonomen und in ihren Theorien umher geistert. Davon völlig unbeeindruckt rühmt sich die neoliberale Theorie auch noch, von allen Sozialwissenschaften die größte Annäherung an die Naturwissenschaft erzielt zu haben, obwohl ihr Gleichgewichtsmodell schon längst als verstaubtes Exponat in der Abteilung für längst überholte Theorien des Wissenschaftsmuseums stehen sollte. Ich halte dieses Modell, das als höchste Errungenschaft in berühmtesten Unis der Welt gelehrt wird, für eine der größten Torheiten der Moderne.

Ich fasse jetzt kurz zusammen, wie die Marktwirtschaft nach dem Modell von Walras aussieht, im Sinne seiner grundlegenden theoretischen (systemischen!) Aussagen, denen nachher die echte empirische Wirklichkeit gegenüber gestellt wird:


Die prinzipiellen mathematisch-logischen Aussagen des neoliberalen Modells:

Profite gibt es nicht. (Eigentlich gibt es den klassischen Kapitalisten auch nicht, nur Aktienbesitzer bzw. Sparer. Der Verdienst eines Managers geht nicht auf Profite zurück, sondern er sollge die objektiv bestimmte Entlohnung seiner Leistung (sic) sein.)

Das Niveau der ökonomischen Aktivitäten, dazu gehört vor allem Wachstum und Beschäftigung, wird ausschließlich durch (betriebliche) Kosten bestimmt, vor allem durch Zinsen und Löhne.

Die ganze Wirtschaft ist immer im Gleichgewicht. Das Gesamtangebot entspricht immer der Gesamtnachfrage, wie es schon der klassische politische Ökonom Say auf eine verblüffend simple bzw. vulgäre Weise „bewiesen“ hat.

Indem es makroökonomisch immer nur Gleichgewicht geben kann, kann es so etwas wie ökonomische Krisen prinzipiell nicht geben, es sei, sie werden von gierigen Lohnempfängern herbeigeführt oder durch Angriffe von „schwarzen Schwänen“ verursacht.

Heben wir noch einmal hervor, dass das ökonomischen Modell von Walras keine Erzählung ist - ein bildsprachliches Denkmuster -, sondern es ist systemisch, also ihm liegt ein logisch ausreichend komplexes Denksystem zugrunde. Es gibt nur eine ihm ebewürtige Alternative, das Kreisalumodell, das von François Quesnay (1694–1774) als „Tableau économique“ entworfen wurde. Smith, auch wenn er der Mathematik ausdrücklich nicht vertraute, trug sich ursprünglich mit dem Gedanken, dem Bekanntesten dieser philosophischen Schule genannt Physiokratie, dem – wie er sagt – „sehr einfallsreichen und tiefschürfenden“ François Quesnay sein epochales Buch Wealth of Nations zu widmen. Später hat er sich das jedoch anders überlegt. In seinem Buch schreibt er dennoch zustimmend: „ ,Solange die Welt steht‘, sagt ein sehr fleißiger und schätzenswerter Schriftsteller, der Marquis de Mirabeau, ,waren es hauptsächlich drei große Erfindungen, die den Staatsgesellschaften innere Festigkeit gaben, abgesehen von vielen anderen Erfindungen, die sie bereichert und geschmückt haben. Die erste ist die Erfindung des Schreibens, die allein die Menschen in den Stand setzt, ihre Gesetze, Verträge, Jahrbücher und Entdeckungen unverändert auf die Nachwelt zu bringen. Die zweite ist die Erfindung des Geldes, das alle Beziehungen zwischen zivilisierten Völkern vermittelt. Die dritte ist die Ökonomische Tabelle, das Ergebnis der beiden anderen, die sie durch Vervollkommnung ihres Zweckes ergänzt, die große Entdeckung unseres Zeitalters, deren Früchte erst unsere Nachkommen pflücken werden.‘ “ Ja, wenn es solche wie Walras nicht gäbe.

Um diese zwei ökonomische Modelle zu vergleichen, ich fasse jetzt kurz zusammen, wie die Marktwirtschaft nach dem Kreislaufmodell aussieht, auch im Sinne seiner grundlegenden theoretischen (systemischen!) Aussagen, denen dann die echte empirische Wirklichkeit gegenüber gestellt wird:


Die prinzipiellen mathematisch-logischen Aussagen des kreislauftheoretischen Modells:

Profite gibt es. Je größer sie sind, desto kleiner müssen Löhne sein. Von diesem Verhältnis hängt Produktivität und Produktivitätssteigerung der Wirtschaft ab. Damit hat sich Mitte des vorigen Jahrhunderts die Reswitching-Analyse beschäftigt, aber bald musste man sie aus  Bildung und Lehre verbannen, damit das Modell aus der Zeit der Postkutsche und der Dampflok die Akademiker weiter verdummt. Reswitching-Analyse zeigt, dass niedrige Löhne kein Wunder- und Allheilmittel sind, sondern kurz gesagt das Gegenteil. Es geht prinzipiell um etwas, was auch ohne Mathematik einleuchtet:

Jeder Betrieb kann für seine Produktion verschiedene Technologien benutzen, die verschiedene Arbeitsmengen verbrauchen. Wenn es Profite nicht gäbe, wären alle humanen Kosten immer nur  Arbeitskosten, kostenoptimale Technologien in den Betrieben würden zugleich die Arbeitskosten der ganzen Wirtschaft minimieren – d.h. für eine maximale Arbeitsproduktivität sorgen. Wenn Profite steigen, kann sich das wesentlich verschlechtern. Dazu mehr dorthin  Um jetzt nicht ganz falsche Gedanken aufkommen zu lassen, soll hier nur angemerkt werden, dass die Produktivität der Wirtschaft in toto nicht nur von der Arbeitsproduktivität abhängt. Deshalb war auch Smith nicht gegen Profite.

Das Modell von Quesnay besteht nur aus Zahlenreihen, die Reswitching-Analyse benutzt schon eine richtige Mathematik mit technische Koeffizienten, mit den distributiven Koeffizienten kann man auch nachweisen, dass die Marktwirtschaft nicht immer im Gleichgewicht ist weiter  Der allgemeine makroökonomische Nachfragemangel muss in einer freien Marktwirtschaft sogar gesetzmäßig periodisch entstehen - auch wenn keine „schwarze Schwäne“ auftauchen. Dann brechen Krisen aus, die bisher immer nur mit Kriegen überwunden wurden.

Den kreislauftheoretisch erklärten Nachfragemangel bezeichne ich als real, da er mit dem Geld (prinzipiell!) nichts zu tun hat, wie es in der monetären Nachfragetheorien von klassischen bzw. den politischen Ökonomen (Sismondi, Malthus) und Keynes der Fall ist. Ich teile sogar die allgemeine Meinung - also Kritik -, dass diese Ökonomen nur Stagnationstheorien entworfen haben - auch wenn mit guten praktischen Vorschlägen. Diesen fehlt schließlich ein ernsthafter theoretischer Unterbau. Nicholas Kaldor hat es bezüglich Keynes folgendermaßen zusammengefasst: „Die Grenzen seiner General Theory ergeben sich mehr aus dem Versagen, den traditionellen Denkweisen zu entkommen, als aus einem grundlegenden Fehler in den fundamental neuen Aspekten“ (1983: 31). 

So wie es schon die klassischen Nachfragetheoretiker vorgeschlagen haben, lässt sich der Nachfragemangel natürlich auch mit Geld kompensieren. Es ist überhaupt die schnellste Methode dafür, über die ich mir auch Gedanken gemacht habe weiter  Auf den ersten Blick könnte man den Eindruck bekommen, es würde sich hier um eine Variante der NMT handeln, vor allem, weil eine Zurückerstattung der „Schulden“ kein Thema für mich ist. Ich bezeichne dies als ein dummes Zeug - dem die NMT mehr oder weniger zustimmen würde. Auf den zweiten Blick würde man bei mir aber schon merken, dass mein Kontext („Gelddrucken“) konzeptuell gar nicht in der Nähe der NMT liegt. Mir geht es nämlich vordergründig um Nachfragemangel und dieses Argument reicht bei mir schon alleine völlig aus. Bei mir ist es also gar nicht nötig die „Verschwendung“ und „Verschuldung“ als human, sinnvoll, zweckrational, ökologisch, sozial, zukunftsorientiert ... zu rechtfertigen, wie es in der NMT oft vorkommt, was bei ihr sogar die orthodoxen Neoliberalen nicht zurückweisen oder gar schätzen. Nebenbei bemerkt, ihr Lob kann für die NMT nicht weniger als tödlich sein. Die NMT steht nämlich mit beiden Füßen auf dem Boden der neoliberalen Theorie, wenn auch irgendwo an ihrer Peripherie - wie bei Keynes -, so dass es nicht schwierig sein dürfte, sie in der neoliberalen Umarmung zu ersticken - auch wie die von Keynes weiter   

Fortsetzung folgt

 
 
 
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