|
|
|
|
|
|
3. Phase des ökonomischen Zyklus der Marktwirtschaft: Die Hochkonjunktur (Boom) |
|
Zins und Löhne als falscher Ansatz zur Erklärung des Wirtschaftswachstums |
|
|
|
|
|
|
Der moderne Konservative ist mit der Beantwortung einer der ältesten Fragestellungen der Menschen in der Moralphilosophie beschäftigt: Die Suche nach einer moralisch überlegenen Rechtfertigung für Egoismus. |
|
|
|
John K. Galbraith, einer der bekantesten amerikanischen Ökonomen des 20. Jahrhunderts |
|
|
|
|
|
|
|
Mit falschen Theorien lässt sich jedes Interesse rechtfertigen, lässt sich jede noch so egoistische, noch so partielle und noch so bornierte Forderung rechtfertigen. Daher die große Beliebtheit falscher Theorien. |
|
|
|
Alexander Rüstow, ein deutscher Soziologe und wichtiger Vertreter des Ordoliberalismus |
|
|
|
|
|
Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass die freie Marktwirtschaft in der Depression ein großes Problem mit dem Wachstum hat. Genauer gesagt, sie hat das Problem, anzufangen zu wachsen. Wir haben auch mehrere Möglichkeiten untersucht, wie sich dieses Problem beheben lässt. Ist es der Marktwirtschaft einmal gelungen, auf den Wachstumspfad zu gelangen, dann hat sie keine Probleme mehr, weiter zu wachsen. Sie wächst dann immer schneller, was als Hochkonjunktur oder Boom bezeichnet wird. Dieses Wachstum - wie wir aus der Erfahrung wissen - dauert jedoch nur eine gewisse Zeit, dann bricht es in sich zusammen.
Es ist offensichtlich, dass es zwischen dem Wachstum und dem Verlauf des ökonomischen Zyklus eine enge Beziehung gibt. Man kann dann auf den Gedanken kommen, dass der ökonomische Zyklus nur ein Aspekt des Wachstums sei. Das ist die allgemeine Position der neoliberalen Theorie, mit der sie sich immer wieder erfolgreich durchgesetzt hat, auch in den letzten Jahrzehnten. Das Ergebnis war, dass über ökonomische Zyklen kaum mehr gesprochen wurde. Dadurch wurde das ideologische Ziel erreicht. Wenn die Theorie der ökonomischen Zyklen verdrängt wird und die Theorie des ökonomischen Wachstums ihre Stelle einnimmt, dann heißt es, dass die Marktwirtschaft gar nicht krisenanfällig sei, sondern nur Wachstumsschwächen aufweise, welche durch eine falsche Wachstumspolitik entstehen würden. Man fügt dann noch hinzu: Hätte man die Kräfte des Wachstums unterstützt oder zumindest nicht behindert, hätte es ökonomische Krise auch nie gegeben. Konkret sollte es heißen, dass man vor allem privatisieren und deregulieren und vor allem Zinsen, Löhne und Steuern senken sollte. Genau diese „Wachstumskräfte“ hat man in den letzten Jahrzehnten weitgehend entfesselt und tatkräftig gestärkt, mehr Wachstum hat man zwar nicht erreicht, jedoch eine ökonomische Krise entfacht von einer Größenordnung, wie es sie seit acht Jahrzehnten nicht gab.
Auf den ersten Blick fällt auf, dass alle neoliberalen Theorien des ökonomischen Wachstums zu erstaunlich ähnlichen - fast gleichen - Ergebnissen führen. Dazu gehört vor allem die „Erkenntnis“, dass angeblich Zinsen, Löhne und Steuern die relevantesten Faktoren des Wachstums seien. Es ist nicht schwierig zu erahnen, woher diese Übereinstimmung kommt. Alle diese Theorien stammen nämlich aus derselben Quelle, oder wie man heute sagen würde, sie sind im Rahmen eines gemeinsamen Paradigmas - als eine „normale Wissenschaft“ - entstanden. Wenn also diese Wachstumstheorien die Realität offensichtlich falsch deuten und praktisch unbrauchbar bzw. kontraproduktiv sind, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als tiefer anzusetzen und die paradigmatischen Grundlagen der ökonomischen Theorie zu ändern. Die von uns verabschiedete Alternative ist natürlich das Paradigma des Kreislaufes. Folglich werden wir das Wachstum, also das Phänomen, das die Phase des ökonomischen Zyklus Hochkonjunktur besonders prägt, auf den paradigmatischen Grundlagen des kreislauftheoretischen Modells untersuchen und erklären. Im Rahmen des Kreislaufmodells wird das Wachstum nicht durch Kostenfaktoren und Ressourcenknappheit, sondern durch Nachfrage bedingt und bestimmt.
Um die Unterschiede und Vorteile hervorzuheben, die dieser alternative paradigmatische Ansatz bietet, soll zuerst etwas über die neoliberalen Theorien des ökonomischen Wachstums bzw. über ihre paradigmatischen Grundlagen gesagt werden. Das tun wir in diesem Beitrag. Es soll kurz verdeutlicht werden, dass die Ursache des Scheiterns aller neoliberalen Theorien des ökonomischen Wachstums auf ihren falschen paradigmatischen Grundlagen beruht. Es hat folglich keinen Zweck, dieses Feld von neuem zu bestellen, weil auf ihm nie etwas wachsen wird, das Früchte trägt. Wir haben dem neoliberalen Paradigma bzw. seinen Grundlagen schon einen ganzen thematischen Bereich dieser Website gewidmet und das Wichtigste gesagt. Das wollen wir jetzt nicht alles wiederholen, sondern wir beschränken uns nur auf das, was mit Wachstum zu tun hat.
Die Himmelsmechanik: Das freieste und individualistischste System, das es je gab
Das am Ende des 19. Jahrhunderts von Leon Walras (1834-1910) und Vilfredo Pareto (1848-1923) entworfene Modell des allgemeinen Gleichgewichts wird im heutigen ökonomischen Mainstream als Totalmodell bezeichnet, und zwar mit gutem Grund. Es ist ein Modell, das bis heute die Grundlagen der neoliberalen Theorien liefert. Bei dem Modell handelt sich um eine Anpassung des partikel-mechanischen Modells der klassischen (Newtonschen) Physik auf die Marktwirtschaft. Das klingt seltsam, wenn man bedenkt, dass die Theorie der schlichten Bewegung der toten Körper an der Wiege der heute herrschenden ökonomischen Theorie stand. Aber dem ist einfach so. Um die neoliberale Theorie im Allgemeinen, und damit auch die zu ihr gehörigen Wachstumstheorien zu verstehen, muss man also die Idee verstehen, auf der die klassische Physik beruht, die Idee der partikel-mechanischen Weltauffassung. Schauen wir uns zuerst den Weg an, auf dem die klassische Physik zur partikel-mechanischen Weltauffassung gelangt ist.
Die Menschen wussten schon immer, dass sich der Himmel in großer Höhe befindet. Noch vor wenigen Jahrhunderten stellten sie sich ihn als ein gewölbtes Plateau über der Erde, an der verschiedene Himmelskörper ganz normal hängen oder sich auf ihm bewegen. Des Öfteren hat man in den Himmelskörpern sogar die Gottheiten in Person oder ihre Vertreter gesehen. So erzählt der große antike Philosoph Platon im Dialog „Phaidros“, wie die Götter und ihr Gefolge oberhalb des Himmelsgewölbes einherfahren: „Zeus, der große Fürst im Himmel, zieht als erster aus, seinen geflügelten Wagen lenkend; er ordnet alles und sorgt für alles. Ihm folgt ein Heer von Göttern und Dämonen. ... Sie fahren, wenn sie zur Höhe gekommen sind, hinaus und betreten den Rücken des Himmelsgewölbes. Wenn sie dort anhalten, führt sie der Umschwung herum.“
Was dann die Menschen am Ende des Mittelalters, nach der Erfindung der Fernrohre beobachten konnten, war ein richtiger Schock für sie. Das gewölbte Plateau, also der Wohnort der Götter, war nirgendwo zu sehen. Die Sterne und andere Himmelskörper schwebten einfach so in einem offenen Raum. Und je präziser die Fernrohre wurden, erschien der Raum um die Erde herum immer tiefer und breiter. In diesen unendlichen Weiten des Himmels waren die Himmelskörper sehr einsame Winzlinge. Aber gerade deshalb schien ihre Bewegungsfreiheit nahezu grenzenlos zu sein. Das Fernrohr hat zwar die Götter und Dämonen aus dem Himmel vertrieben, die grenzenlose Freiheit aber nicht. Die den Sinnen zugängliche Deutung entsprach also immer noch der Jahrtausende alten Vorstellung, wonach der Himmel ein Ort der uneingeschränkten Freiheit sei.
Durch die klassische Mechanik hat sich dies aber abrupt in sein Gegenteil verkehrt. Es hat sich herausgestellt, dass all das, was wie ein Reich der uneingeschränkten individuellen Freiheit aussieht, sich mit der Mathematik genau beschreiben lässt. Und weil in der Mathematik alles, bis zum letzten Detail, nach strengsten Regeln vor sich geht, weil sie die strengste und penibelste logische Denkweise ist, die es überhaupt gibt, wurde aus der himmlischen Freiheit auf einmal der strengste Determinismus. Die Planeten, die im Griechischen eine Bedeutung wie Wanderer, Umherschweifende, Umherziehende haben, wurden des letzten Restes ihres freien Willens beraubt. Auf einmal gilt es, dass ihr Schicksal ein für allemal bestimmt war, und dieses konnte sogar der Mensch, sich eines mathematischen Systems auf den Grundlagen der Newtonschen Gesetze bedienend, genau enträtseln. „Der Determinismus ist vom Himmel auf die Erde herabgestiegen“, sagt mit Recht einer der größten Erkenntnis- und Wissenschaftstheoretiker des 20. Jahrhunderts Gaston Bachelard.
War dies das endgültige Ende der Freiheit am Himmel? Ja und nein. Wenn man von bestimmten Anfangsbedingungen ausgeht, bekommt man mit Hilfe der mathematischen Gleichungen der klassischen Mechanik eine Konstellation bzw. einen Ablauf, der streng determiniert ist. Man kann jedoch die Anfangsbedingungen nach Belieben variieren und ändern, so dass man den Körpern unendlich viele Möglichkeiten sich zu bewegen gestatten kann. In dieser Hinsicht wurde dem Himmel - so wie anderen mechanischen Systemen - die Freiheit nicht weggenommen. Auch in noch einer Hinsicht sind klassisch-mechanische Systeme sehr frei. Man kann die Masse auf beliebige Weise teilen und zusammenballen. Was dabei passiert, lässt sich theoretisch bzw. mathematisch denkbar einfach erfassen. Die zusammengeballte Masse ist gleich der Summe der individuellen Massen und umgekehrt.
Nun schauen wir uns an, wie diese Idee der himmlischen Freiheit ihren Weg in die Wirtschaftswissenschaft gefunden hat.
Der Blindflug der klassischen Mechanik durch die Wirtschaftswissenschaft
Um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen, heben wir zunächst hervor, dass die Wirtschaftswissenschaft nicht durch die Nachahmung der klassischen Mechanik entstanden ist, sondern ein Jahrhundert früher, und zwar auf ethischen Grundlagen. Ihr Begründer Adam Smith hat sich in seinem berühmt gewordenen Wohlstand der Nationen für eine Marktwirtschaft eingesetzt, weil diese Wohlstand für alle bringen sollte. Aber selbst ein Jahrhundert später war dieser Wohlstand immer noch nicht in Sicht. Mittlerweile hat ein deutscher Philosoph, Karl Marx, einen Beweis vorgelegt, dass die real existierende Marktwirtschaft nie zum Wohlstand für alle führen könne und auch nie führen würde, sondern zu ihrem eigenen Zusammenbruch, wonach sie aus der Geschichte endgültig verschwinden werde. Das Letztere lässt immer noch auf sich warten, sehr treffsicher war aber Marx mit seiner Vorhersage, dass die freie Marktwirtschaft, also der Kapitalismus, nicht zum Wohlstand für alle, sondern zu einer neuen brutalen und rücksichtslosen Klassengesellschaft führe. Die neue Klasse, musste nun das alte Versprechen abwickeln um ihre Herrschaft zu sichern und an seine Stelle etwas anderes setzen. Das neue Versprechen sollte aber so attraktiv sein wie Wohlstand für alle. Mit der Freiheit des Individuums hat man die gesuchte Formel endlich gefunden. Nicht also der Wohlstand, sondern die Freiheit sollte der neue Wert bzw. die neue Tugend sein.
Die Freiheit sollte Ziel und Mittel in einem sein. Man musste dies aber wissenschaftlich glaubwürdig begründen können, und das war auch nicht einfach. Ein Jahrhundert nach Smiths Tod hat man endlich auch diese Begründung gefunden, als Walras eingefallen ist, dass ein System der Freiheit in der Wissenschaft schon existiert in der klassischen Mechanik. Walras konnte dies bekannt sein, weil er ursprünglich Ingenieur werden wollte. Dies wurde ihm wegen seiner schlechten mathematischen Kenntnisse verwehrt, so dass er sich für immer von dem Gedanken verabschieden musste, sich mit der Konstruktion der mathematischen Gleichungen für mechanische Systeme beruflich beschäftigen zu können. Nun hat er sich ausgedacht - der Vater der Psychoanalyse würde von Sublimation sprechen - wie er solche Gleichungen auf die Marktwirtschaft anwenden könnte, und er widmete sich ihnen dort. Erwähnen wir jetzt nur die wichtigsten Änderungen am Paradigma der klassischen Mechanik, um sie zur Theorie der Marktwirtschaft umzuwandeln:
• Die Autonomie der Massen wird durch uneingeschränktes Verfügungsrecht an Gütern ersetzt (Individualismus)
• Aus der freien Bewegung der Massen wird uneingeschränkter Tausch bzw. Wettbewerb (Freiheit)
• So wie bei den Massen gilt jedes Gut als frei kombinierbar und austauschbar (Substitution)
• Wie Massen werden auch Güter aus eigenem Antrieb in Bewegung gesetzt (Nutzenmaximierung)
So wurde eine der größten Idiotien der westlichen Zivilisation geboren. Wie bereits angedeutet, geht es uns jetzt aber nicht darum, herauszufinden, was an dieser Theorie bzw. ihrem Paradigma alles falsch ist, sondern nur, warum es für die Erklärung des Wachstums nicht brauchbar ist.
Individuum und Freiheit überall - Produktion und Wachstum nirgendwo
In der klassischen Mechanik sind Begriffe wie Entstehen, Übergang, Ganzheit oder Vermehrung und Wachstum unbekannt. Diese Begriffe wären dort nicht nur überflüssig, sondern sie hätten dort auch keinen Sinn gehabt. Vor allem wäre in der Welt der mechanistischen Bewegungen der Begriff Wachstum sinnlos. In der Mechanik, ja in der Physik überhaupt kann gar nichts wachsen. Oder doch?
Gibt man dem Suchroboter Google den Ausdruck „Temperatur steigt“, werden über 1,4 Millionen Seiten gefunden. Für den Ausdruck „Temperatur wächst“ sind es immerhin knapp 0.4 Milliarden (Stand: 4.1.2011). Warum sagt man eigentlich, dass die Temperatur wächst? Voraussichtlich deshalb, weil man sich eine steigende Temperatur üblicherweise mit dem wachsenden Balken des Quecksilberthermometers vorstellt. Zur Veranschaulichung kann dies hilfreich sein, in der Sache ist es aber falsch. Die Menge von Quecksilber im Thermometer bleibt nämlich immer gleich; sie wächst also nicht, sie dehnt sich bei steigenden Temperaturen nur aus.
Aber könnte man es nicht anders sehen? Könnte es nicht bedeuten, dass in der Physik das partikel-mechanische Modell aus dem einfachen Grund nicht auf das Phänomen Wachstum erweitert wurde, weil es dort das Wachstum nicht gibt, und nicht deshalb, weil dies rein formal-analytisch nicht möglich wäre? Ja, so etwas ließe sich von vornherein nicht ausschließen. Davon ausgehend, hat eine große Zahl von Ökonomen es in der Tat als eine wissenschaftliche Herausforderung verstanden, auf der Basis des „Totalmodells“ das Wachstum analytisch zu formulieren. Wir schauen uns näher an, was daraus geworden ist.
Es ist unbestritten, dass das ökonomische Wachstum nichts anderes bedeuten kann als Produktionssteigerung, und zwar unabhängig davon, ob man materielle oder nichtmaterielle Güter im Sinne hat. Daraus folgt, dass jede Wachstumstheorie eine Produktionstheorie braucht, also eine Auffassung darüber, was die Produktion bedeutet. Wenn es um Produktion geht, kann man sich einig sein, dass sie bestimmte Ressourcen benötigt, die knapp sind. Genauer gesagt, sie sind normalerweise knapp, also nicht dann, wenn die Wirtschaft gerade abgestürzt ist, so dass überall freie Kapazitäten herum liegen - was natürlich für die freie Marktwirtschaft immer wieder normal ist. Wenn aber das Wachstum angezogen hat und anhält, ist es zweifellos durch knappe Produktionsressourcen beschränkt.
Bemerkung: Wir haben bereits erwähnt, dass es der Professor Lionel Robbins (1898-1984) war, dem es gerade während der Großen Depression - als die Hälfte aller produktionsfähigen Kapazitäten brach lag und ganze Armeen von Arbeitslosen ziellos durch die Straßen irrten - einfiel, dass man bei der Marktwirtschaft vor allem ihre Fähigkeit bewundern sollte, mit knappen Ressourcen optimal umzugehen. Einen besonderen Sinn für das Absurde kann man Robbins wirklich nicht absprechen. Die Erfindung von Knappheit als einer Ermahnung an die Lohnabhängigen „nicht über ihre Verhältnisse zu leben“, musste bei bestimmten Kreisen auf großes Gefallen stoßen, wenn man bedenkt, dass Robbins 1929 zum Chef der ökonomischen Abteilung der London School of Economics wurde und sich bald Friedrich August von Hayek an sein Institut holte.
Wir haben die Knappheit der Produktionsressourcen extra im nächsten Bild links veranschaulicht. Dort - wie ein Haufen - liegen die dem Markt zur Verfügung stehenden „knappen“ Güter (Produktions- und Konsumgüter) und Dienste (Produktionsfaktoren). Der Annahme der uneingeschränkten Marktfreiheit folgend, sollten sich die Güter und Dienste frei durch das System bewegen dürfen. Sollte die Produktion schneller wachsen, ist entscheidend, dass so viel wie möglich von diesen Gütern und Dienstleistungen in den Bereich der Produktion gelangen, entsprechend weniger Güter wird es dann im Konsumbereich geben. Auf dem Bild rechts sind diese zwei Bereiche als Sphären dargestellt.
|
Produktionsbereich |
Konsumbereich |
|
|
|
Damit sich Güter und Dienste überhaupt bewegen - getauscht werden -, braucht man irgendwelche Kräfte. Diese Kraft ist nach der neoliberalen Auffassung die Nutzenmaximierung, die durch Preise bedingt und bestimmt ist - sie entsprechen sozusagen den Massen in der klassischen Physik. Die Nutzenmaximierung, als die eigentliche Triebkraft des Systems, haben wir mit unserem Beispiel mit dem Gefangenenlager verdeutlicht. Dort ging es aber ausschließlich um Konsumgüter, dasselbe sollte nach der Auffassung der neoliberalen Theoretiker auch für alle anderen Güter gelten. Nehmen wir für einen Augenblick an, dem sei so.
Wenn wir jetzt nicht so sehr ins Detail gehen, lassen sich die Preise in der Produktion auf Zins (die Preise der Güter) und Lohn (die Preise für Dienstleistungen) reduzieren. Wenn der Zins fällt, so die Theorie, strömen die Güter und Dienstleistungen in den Produktionsbereich hinein und umgekehrt. Die Sparbereitschaft sollte genauso durch den Zins bestimmt werden. Wenn der Zins fällt, wird weniger gespart (S) und mehr konsumiert. Da bildet sich ein Gleichgewicht, wie es das Bild links - das jeder Student der Ökonomie gut kennt - zeigt.
Das mittlere Bild zeigt, wie die sinkenden Löhne die Investitionen fördern und das Bild rechts, wie die steigenden Löhne sie dämpfen. Dasselbe würde auch für Steuern gelten. Und das ist nun ziemlich alles, was die neoliberale Theorie anhand ihres partikel-mechanisches Modells zu sagen hat.
Jeder Unternehmer würde bestätigen, dass er bei niedrigeren Zinsen und niedrigeren Löhnen eher bereit ist zu investieren als umgekehrt. Ist dann alles mit der partikel-mechanischen Sichtweise der Marktwirtschaft in Ordnung? Nein, es ist nichts in Ordnung. Was in der Wirtschaft geschieht, ist viel komplizierter, so dass die von der neoliberalen Theorie angebotene einfache Erklärung völlig falsch ist.
Das Komplexitätsproblem des partikel-mechanischen Modells
Warum ist das neoliberale Modell des Tausches (Grenznutzens) für den Tausch der Produktionsgüter völlig ungeeignet? Anders als beim Konsum treten die Güter und Dienstleistungen in der Produktion nicht individuell (vereinzelt) auf sondern in Kombinationen, so dass nicht ihre individuellen Preise, sondern die Preise ihrer Kombinationen relevant sind. Außerdem unterliegen diese Kombinationen ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten, die sowohl die Funktionsweise der Marktwirtschaft als das Wachstum entscheidend bestimmen. Wir werden dazu später noch einiges sagen, wenn wir uns mit dem Kreislaufmodell, also mit der Alternative zum partikel-mechanischen Modell beschäftigen werden. Jetzt wollen wir nur verdeutlichen, worum es geht. Eine Gegenüberstellung der Physik und Chemie ist da hilfreich.
Erinnern wir uns an die Formel des Wassers: H2O. Man bezeichnet diese Kombination aus zwei Atomen Wasserstoff (H2) und einem Atom Sauerstoff (O) als Molekül. In dem partikel-mechanischen Modell wäre jede andere Kombination möglich: HO, HO2, H3O, H4O ... Nun ist es so, dass man zwar die Gase Wasserstoff und Sauerstoff in beliebigen Proportionen mischen kann, aber Moleküle als neue chemische Substanzen entstehen dadurch nicht. Eine der Grundannahmen der klassischen Mechanik, zwei Massen, unabhängig wie groß sie sind, können rein summarisch in eine dritten übergehen, hat sich in der Chemie als falsch erwiesen. Die Idee, auf der die klassische Mechanik beruht, ist also schon in der Chemie völlig unbrauchbar, in den höheren Organisationsformen der Materie wie Organismus oder Gesellschaft erst recht. Aber in der Marktwirtschaft sollte diese Idee richtig sein? Nein. Sie ist es nicht. Das Modell der klassischen Mechanik ist für die Produktion unbrauchbar.
So wie Chemie ihre Moleküle hat, hat die Produktion ihre sogenannten Produktionsmethoden oder, wie man auch sagt, Produktionstechniken. Es sind nicht einzelne Güter und Dienste, die in der Produktion zusammen wirken, sondern ihre quantitativ genau bestimmten Kombinationen. Und wenn schon die Produktion in den einzelnen Unternehmen eine bestimmte Struktur hat, muss die Wirtschaft als ein Ganzes auch eine haben. Damit verringert sich die fabelhafte Freiheit der Güter und Dienste, nach Lust und Laune durch das ganze System zu streifen, erheblich. Schumpeter, der große Anbeter und Bewunderer des Walrasschen Modells, musste bestimmt dies in den Sinn kommen, als er verwirrt und bestürzt feststellte:
„Bei Walras haben die in der Produktion verwendeten Leistungen auch einen Gebrauchswert für ihre „Eigentümer“. Dies führt zu Schwierigkeiten, die besonders im Falle spezifischer Produktionsmittel, wie Maschinen, auftreten. Die Annahme, dass - wenigstens potentiell - eine Maschine nach dem Willen ihres Besitzers unmittelbar in einen Lehnstuhl überführt werden kann, ist in der Tat eine Form des Theoretisierens, die bedenkenlosen Heroismus erfordert.“
Es gibt nur eine rationale Rechtfertigung, warum die Struktur bzw. die Strukturänderungen in der der Produktion in dem neoliberalen Gleichgewichtsmodell außen vor gelassen werden: Das Modell solle als eine höhere Abstraktionsstufe begriffen werden. Aber das ist keine endgültige Rettung des Modells. Wäre dieses Modell tauglich die Marktwirtschaft zu erklären, dann müsste es den Weg vorzeigen, der von seiner angeblich hohen Abstraktionsstufe zur Produktion und zum Wachstum führt. Diesen Weg ist noch keiner gefunden. Das Modell kann nichts analytisch formulieren, was in der Wirtschaft geschieht, nachdem die Güter und Arbeiter die Tore der Firmen passiert haben. Man kann deshalb sagen, dass hier die Zeit im neoliberalen Modell endet. Nicht ohne Grund hat man das Modell von Walras von Anfang an als statisch bezeichnet und kritisiert. Schumpeter legte noch eins drauf:
„Ja, der statische Charakter der Theorie gewann durch die neue Analyse noch wesentlich an Strenge und Klarheit. Keine Darstellung ist „statischer“ als die Leon Walras.“
Nach einer gewissen Zeit des regen Feilschens und Handels mit Gütern und Diensten, fällt die Wirtschaft in dem neoliberalen Modell in einen Ruhezustand, der nie mehr verlassen werden kann, obwohl gerade jetzt die Produktion beginnt, die bei der wachsenden Wirtschaft auch noch expandiert.
Die ideologischen Gründe als das Erfolgsgeheimnis der neoliberalen Wachstumstheorien
Natürlich werden sich die neoliberalen Ökonomen nicht sagen lassen, dass es ihnen nicht bekannt sei, dass die Güter nicht beliebig durch den Mark wandern können, und dass in den Betrieben nicht einzelne Güter und Dienstleistungen kombiniert und ausgewechselt werden, sondern komplette Produktionsmethoden. Doch, das wissen sie ganz bestimmt und das bestreitet auch niemand. Doch es hilft nichts, dies zwar zu wissen, wenn dieses Wissen aber auf keinerlei Weise in dem Modell berücksichtigt werden kann, weil das Modell diese Möglichkeit nicht zulässt? Diese Tatsache wirft die nächste heikle Frage auf: Wenn die neoliberalen Theoretiker wirklich wissen sollten, dass die Produktion eine technisch bestimmte dynamische Struktur hat, warum führen sie ihre Analyse weiter, als ob es diese Struktur nicht gäbe, und warum preisen sie dann auch noch aus ihrer Analyse erworbene „Erkenntnisse“ als richtige Rezepte für die Praxis?
Darauf sind zwei Antworten möglich. Einmal, die neoliberalen Theoretiker wissen eben doch nicht, was in der Produktion geschieht. Dies ist wenig wahrscheinlich. Oder sie wissen es, aber es geht ihnen darum, für alles, was in der Wirtschaft schief geht, falsche Zinsen und zu hohe Löhne und Steuern verantwortlich zu machen. Es spricht nicht wenig dafür, dass dies die wahren Beweggründe sind. Das kann am besten daran erkennen, dass in ihrem Modell unter anderem auch der Profit fehlt, also der Gewinn des Kapitalbesitzers. Ihrer Theorie des Marktes fehlt also das, was noch ein Jahrhundert nach dem Tod von Adam Smith für alle Ökonomen eine Selbstverständlichkeit war, ja eine der wichtigsten Größen der Marktwirtschaft. Dies war in der Tat eine sehr erstaunliche „Erneuerung“ der klassischen liberalen Theorie:
„Man weiß nicht [mehr], warum die von Walras geschilderte Gesellschaft Erfolg hat. Ihr Motor, der Gewinn, ist ausgeschaltet - die Kosten gleich den Preisen sind. Der Hauptgestallt dieser Gesellschaft, der Unternehmer, der im geschichtlichen Ablauf so wichtig ist, wird bedeutungslos.“
Die Folgen der Verbannung des Gewinns aus der Wirtschaft sind leicht nachvollziehbar. Wenn es nämlich keinen Gewinn gibt, dann ist der Kapitalist für nichts verantwortlich, was auf dem freien Markt schief läuft. Dann könnte ihm keiner so etwas vorwerfen, wie damals Adam Smith, der Vater des Kapitalismus:
„Unsere Kaufleute und Unternehmer klagen zwar über die schlimmen Folgen höherer Löhne, da sie zu einer Preissteigerung führen, wodurch ihr Absatz im In- und Ausland zurückgeht, doch verlieren sie kein Wort über die schädlichen Auswirkungen ihrer hohen Gewinne.
Tatsächlich führen hohe Gewinne weit eher zu einem Preisanstieg als hohe Löhne. Würde in einer Leinenmanufaktur, zum Beispiel, der Lohn aller Arbeiter, der Flachszurichter, der Spinner, der Weber und so fort, um zwei Pence je Tag verbessert, so müßte man den Preis für einen Ballen Leinen lediglich um folgenden Betrag anheben: Zwei Pence mal die Zahl der jeweils eingesetzten Arbeiter, multipliziert mit der Zahl der erforderlichen Arbeitstage. Der Lohnanteil am Preis würde somit über alle Produktionsstufen nur in arithmetischer Reihe mit der Lohnerhöhung zunehmen. Würden indes die Gewinne der einzelnen Unternehmer, die diese Arbeiter beschäftigen, um jeweils fünf Prozent erhöht, so würde der Gewinnanteil am Preis auf allen Stufen der Fabrikation entsprechend dem Gewinnanstieg in geometrischer Reihe wachsen.“
Das war heftig. Aber das ist bei Weitem nicht die einzige Stelle im Wohlstand der Nationen, wo es dem Kapitalisten heiß und kalt den Rücken herunter laufen müsste. So etwas gehörte freilich unbedingt beseitigt. Der häßlichen Fratze des Kapitalismus sollte eine nette Maske verpasst werden. Das war die „revolutionäre“ Aufgabe der neuen zynischen und verlogenen Generation der Liberalen, und das war zugleich das endgültige Ende einer Wissenschaft, ihre Umwandlung in eine Ideologie des unschuldigen Betrugs. Dieser neue Liberalismus konnte die Reichen und Mächtigen richtig begeistern, weil er ihrem verdorbenen Charakter und ihren perversen Gelüsten schmeichelte.
Eingutmodelle: Die salomonische Lösung in der neoliberalen Wachstumstheorie
Was tun, nachdem alle Versuche, das Modell des allgemeinen Gleichgewichts zu einer Wachstumstheorie weiterentwickeln kläglich gescheitert sind? Es musste ein neuer Ansatz her. Aus ideologischen Gründen durfte der neue Ansatz keine der „analytisch streng“ nachgewiesenen „Erkenntnisse“ des Totalmodells gefährden, und schon gar nicht in Frage stellen. Aber woher konnte dieser neue Ansatz kommen? Die Ökonomen seien ökonomisch - auch was Ideen betrifft, wie John K. Galbraith einmal bemerkte - nicht sehr kreativ. Kein Wunder also, dass die Wirtschaftswissenschaft so rückständig und konservativ ist. Der einzige „fruchtbare“ Einfall seit mehr als einem Jahrhundert, Wachstumstheorien zu entwerfen, die mit dem Totalmodell im Einklang stehen, war, sie als Eingutmodelle zu konzipieren. Die ganze Wirtschaft wird dann auf ein Unternehmen und folglich auf eine betriebswirtschaftliche Denkweise reduziert. So sieht zum Beispiel eines der bekanntesten Modelle (die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion) folgendermaßen aus:
Y = a Lα Kβ
Hat diese mathematische Formel etwas mit der Marktwirtschaft zu tun haben? Inwiefern? Alleine deshalb, weil sie ökonomische Variablen in sich hat? K entspricht dem Kapital und L der Arbeit. Joan Robinson spottete über solche Modelle, die rein mathematisch hergezaubert werden:
„Man entzieht sich dem Problem ... durch übersetzung in die Algebra. K ist das Kapital, ΔK ist die Investition. Was aber ist K? Was soll das heißen? Kapital natürlich. Es muß einen Sinn haben, also wollen wir mit der Analyse fortfahren und uns nicht mit spitzfindigen Pedanten abplagen, die zu wissen begehren, was gemeint ist. ... Wieder einmal haben metaphysische Begriffe, die streng genommen „Nonsens“ sind, einen Beitrag zur Wissenschaft geleistet.“
Damit solche Modelle nicht sofort zum Schmunzeln verführen, mussten die betriebswirtschaftlichen Trivialitäten in eine mathematische Form gekleidet werden. Wo der Ökonom mit verbautem Denkhorizont und abgestumpftem Realitätssinn nichts zu sagen hat, tritt der Mathematiker großkotzig auf, um sich auszutoben. Und was für schwere mathematische Kanonen hat dieser neoliberale Ökonom aufgefahren nur um die Auffassung zu retten, dass fallende Zinsen, Löhne und Steuern mehr Wachstum bedeuten. „Ist es auch Wahnsinn, hat es doch Methode“, hätte schon Shakespeare gesagt. Wenn der nicht Eingeweihte sich diese mathematischen Wachstumstheorien anschaut, würde er im ersten Augenblick vermuten, dass es sich um irgendwelche Pläne der Ingenieure aus dem Konstruktionsbüro des Weltraumbahnhofs Kourou in Französisch-Guayana handelt. Aber nach den Plänen aus dem Weltraumbahnhof kann man erfolgreich die Ariane ins All befördern, die mathematischen Kunstwerke der neoliberalen Ökonomen lassen sich nur wegen der Eleganz ihrer Methoden bewundern. Formal betrachtet hat die Wirtschaftswissenschaft das Niveau der Naturwissenschaften erreicht, doch mit der Welt, in der wir leben, hat sie nichts gemeinsam. Sogar Robert M. Solow, der sich große Verdienste auf dem Gebiet der neoklassischen Wachstumstheorie erworben hat, stellt nachdenklich fest:
„Ich meine nicht, daß derartige Modelle direkt zu einem wirtschaftspolitischen Rezept oder auch nur zu einer eingehenderen Diagnose führen. ... Die Aufgabe, in einem größeren Maße ökonometrische Modelle auf der Grundlage irgendwelcher analytischer Einsichten, die sich aus einfachen Modellen ergeben, zu konstruieren, ist sehr viel schwieriger und weniger aufsehenerregend. Aber dafür wird der Herr wohl die graduierten Studenten geschaffen haben. Wahrscheinlich wird er sich etwas dabei gedacht haben.“
Ach ja, auch den Nobelpreis kann man für solche Modelle bekommen. Wenn man zur Zunft der Ökonomen gehört und sich über diesen Preis nach dem Einbruch der Weltwirtschaft im Herbst 2008 ehrliche Gedanken macht, fühlt man sich sehr unwohl. Ingesamt wurden auf unserem Planeten ungefähr 66 Personen mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet. 45 davon stammen aus USA, 8 aus dem vergleichsweise kleinen Großbritannien. Ganze 13 verteilen sich auf einen kleineren Rest der Welt (Norwegen, Schweden, Niederlande, UdSSR, Kanada, Indien, Frankreich und Deutschland). Wenn sich also der geballte ökonomische Sachverstand der Menschheit in nur zwei Ländern konzentriert, wo hätte man den Ausbruch der Finanzkrise erwarten können? In China, in Afrika, in Brasilien oder etwa auf dem Balkan? Nein, das Unheil begann in den Ländern, aus denen 53 von diesen 65 Herren (und eine Dame) stammen. Kein Wunder, dass schon seit den neunziger Jahren die Nobel-Urenkel sowie Mitglieder der für den Literatur-Nobelpreis zuständigen schwedischen Akademie die Abschaffung des Wirtschaftspreises fordern. Diesen Preis hat nämlich Nobel in seinem Testament gar nicht vorgesehen. Es scheint, als ob er etwas geahnt hat.
Erwähnen wir noch die gängige Praxis, wie man die neoliberalen Modelle doch ex post mit der Realität versöhnt. Man fügt zu den „klassischen“ Variablen noch eine hinzu, genannt technischer Fortschritt (T). Allgemein geschrieben sieht dann das „makroökonomische“ Eingutmodell wie folgt aus
Y = ƒ ( L, K, T )
Der technische Fortschritt, so betont man, sollte ein sogenannter Residualfaktor des Wachstums sein. Residual deshalb, weil man damit nahe legen will, dass das Wachstumsmodell im Großen und Ganzen funktioniert, nur um es zusätzlich zu präzisieren, sollte auch noch diese „restliche“ Größe hinein, damit das Ergebnis noch besser der Realität entspricht. Das Problem besteht aber darin, dass man diesen ominösen „Residualfaktor“ nie messen kann. Man muss sich eines Tricks bedienen. Man bestimmt ihn ex post, damit die Prognose des Modells dem tatsächlichen Zustand entspricht. Wirklich sehr praktisch. Solche Modelle können nie falsch sein. Bernhard Gahlen, dessen Forschungsaktivitäten sich auf die Überprüfung solcher Modelle anhand der statistischen Daten für Deutschland und andere Länder konzentrierten, bemerkte dazu:
Jetzt wird der technische Fortschritt auf die Art und Weise eingeführt, daß die Unstimmigkeit der Theorie mit der Realität beseitigt wird. Die Differenz zwischen den tatsächlichen Wachstumsraten der partiellen durchschnittlichen Faktorproduktivitäten und den prognostizierten Wachstumsraten dieser Variablen wird dem technischen Fortschritt zugeschrieben ... Damit gelingt die Erklärung immer.“
An einer anderen Stelle wurde er noch pointierter:
„Die moderne Wachstumstheorie hat trotz der zahlreichen Berechnungen von Produktionsfunktionen, Typen des technischen Fortschritts, Substitutionselastizitäten etc. keine empirische Basis.
Man setzt den Computer ein, weil man die Techniken halt beherrscht, und kümmert sich nicht mehr um den ökonomischen Gehalt.“
Das ist nun eigentlich auch der letzte Stand, das endgültige Ergebnis eines mehr als ein Jahrhundert langen Irrwegs, innerhalb des paradigmatischen Rahmens des Totalmodells, also der partikel-mechanischen Weltauffassung, das Wachstum zu erklären. Abschließend kann man dazu nur sagen:
Das neoliberale Paradigma, sein partikel-mechanisches Modell, ist der Komplexität der Verhältnisse in einer realen Marktwirtschaft nicht im Geringsten angemessen. Man hat es mit einem Simplizismus und Reduktionismus zu tun, und zwar in einer naiven bis pathologischen Form. Marx hat sich als ein richtiger Prophet erwiesen, als er in der Entwicklung der „bürgerlichen Ökonomie“ - von wenigen Ausnahmen abgesehen - nichts anderes und nicht mehr als eine Vulgarisierung dessen gesehen hat, was Adam Smith hervorgebracht hat.
|
|
|
|
|
|
|
|