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  Seifenblasenshow im neoliberalen Tollhaus: Brichta gegen Bernecker (IV)
 
 
Die Oberflächlichkeit der politischen Ökonomie zeigt sich u.a. darin, dass sie die Expansion und Kontraktion des Kredits, das bloße Symptom der Wechselperioden des industriellen Zyklus, zu deren Ursache macht.
 
    Karl Marx        
 
Unser Defizit [USA] ist enorm gestiegen, aber es gibt keinen Hinweis darauf, dass es Probleme ... verursacht. ... Es stört mich aber, dass wir dieses Defizit aus den falschen Gründen haben. Wir haben großen Konzernen Steuererleichterungen gewährt, und die haben das Geld eingesteckt und nicht investiert.
 
    Paul Krugman im ARD-Interview am 21.12.2019        

Weil es sehr wichtig ist, hier noch einmal die Begriffsklärung zu „real“ und „monetär“ aus dem vorigen Beitrag:

  Monetäre Theorie:  
  Unter dem Begriff „monetäre Theorie“ können sich auch Nichtökonomen etwas vorstellen, was mehr oder weniger richtig ist - ganz falsch bestimmt nicht. Moneten ist eine volkstümliche Bezeichnung für Geld, deren Ursprung römisch ist. Eine Münzstätte erhielt damals den Namen der Göttin Moneta, woher diesen Namen dann auch das Geld erbte. Von diesem Wort leitet sich ebenfalls die deutsche Bezeichnung „Münzen“ ab. Es ist also völlig richtig, wenn der Laie mit der „monetären Theorie“ das verknüpft, was mit dem Geld zu tun hat: Banknoten und Münzen, Kredite, Schulden, Notenbanken, Banken, Börsen usw.  
  Reale Theorie:  
  Das Wort real ist sehr verbreitet und seine Bedeutung ist: richtig, wirklich, objektiv oder auch aufrecht u. a. m. In der Wirtschaftswissenschaft ist es anders. Unter „real“ und „reale Theorie“ wird all das verstanden, was nicht zum Bereich des „Monetären“ und der „monetären Theorie“ gehört. Unter real versteht man - schlicht aber sehr genau ausgedrückt - den "Rest" der Phänomene der Wirtschaft, der nicht auf das Geld bezogen ist. Vor allem ist da die Güterproduktion gemeint, also Maschinen, Rohstoffe, Arbeit usw. Natürlich sind Banknoten und Münzen, Banken und Börsen real existent, aber wenn man ökonomisch denkt, sollte man das einfach verdrängen.  

Wenn man die Bedeutung dieser Begriffe verinnerlicht hat, wird man sich richtig bewusst, was die überkommenen Dogmen der Wirtschaftswissenschaft genau bedeuten, dass (1) die Marktwirtschaft im realen Bereich problemlos funktioniert, (2) wenn aber etwas wirklich schief gegangen ist, das eine Ursache im monetären Bereich hat.

Diese Auffassung gilt uneingeschränkt im Frühliberalismus, Vulgär- bzw. Neoliberalismus, Marxismus und Keynesianismus. Jawohl, auch der Keynesianismus hatte, im  realen  Sinne, nichts an der Marktwirtschaft auszusetzen! Der Nachfragemangel wird von Keynes bekanntlich monetär erklärt – durch Geldhortung -, deshalb ist es richtig, über seine Theorie als monetäre Nachfragetheorie zu sprechen. Nebenbei bemerkt, diese wichtigste Theorie des vorigen Jahrhunderts beruhte auf keiner originellen Idee. Denn die von Keynes angebotene Erklärung des Nachfragemangels durch Geldhortung entstand schon ein Jahrhundert davor. Die bekannten Namen von damals sind Sismondi und Malthus. Das Entstehen des Nachfragemangels durch Geldhortung konnten aber weder Keynes noch seine Vorgänger Sismondi (1773-1842) und Malthus (1766-1834) überzeugend (analytisch) argumentieren und auch mit den Tatsachen hatte die Hortung-Hypothese wesentliche Probleme. Auch die späteren Versuche der Keynesianer haben da leider keine theoretischen Fortschritte gebracht. Deshalb kann man mit Recht davon ausgehen, dass der Nachfragemangel im realen Bereich entstehen muss und der Nachfragemangel ein reales Phänomen sein kann.

Es gab früher auch schon Versuche, den Nachfragemangel real nachzuweisen, sie waren aber nicht überzeugend. Erwähnen wir die beiden wichtigsten:

  • Disproportionalität: Kurz gesagt, die Unternehmen machen falsche Pläne, was Sortimente und Mengen betrifft. Die älteren Ökonomen sprachen da von „Disproportionalitäten“. Für Marx sind genau sie die entscheidende Ursache der periodischen Krisen, die im Kapitalismus immer stärker würden, bis ihn die Revolution hinwegfegt. Das wir schon längst keiner ernst nehmen – und zwar mit Recht.
  • Zeitliche Nichtübereinstimmungen: Sismondi kam auf den Gedanken, wenn nach der heutigen Lage von den Unternehmen alles richtig geplant würde, müsste sich das für eine wachsende Volkswirtschaft insgesamt nicht zwangsläufig als richtig erweisen. Die kreislauftheoretische Analyse gibt ihm hier Recht. Er selbst hat für diesen Gedanken aber keine klare theoretische Überlegung geschweige denn eine analytisch strenge Formulierung geliefert. Deshalb ist er immer wieder in den monetären Bereich abgerutscht.

Für Sismondi kann man also vielleicht sagen, dass er eine richtige Idee hatte, die zu beweisen ihm nicht gelungen ist. Sollte die Akkumulation aber ein Nachfrageproblem verursachen, wie wäre dann das Wirtschaftswachstum überhaupt je möglich? Darauf hatte Sismondi keine Antwort. Die britische Ökonomin Joan Robinson hat es exakt auf den Punkt gebracht: „Die Sparsamkeit ermöglicht eine hohe Akkumulationsrate und behindert gleichzeitig ihre Realisierung. Dieses paradoxe Wirken der kapitalistischen Spielregeln ist eine der Hauptfragen, die wir durch ökonomische Analysen aufzuhellen hoffen“ (1958: 75).

Die Kapitalakkumulation an sich kann aber wirklich einen realen Nachfragemangel verursachen, der das Wachstum behindert. Das ist im Buch (Kapitel 3) genau erklärt. Die kreislauftheoretische Analyse zeigt aber auch, dass die Kapitalakkumulation nicht immer einen Nachfragemangel verursacht – wenn nämlich andere Faktoren für mehr Nachfrage sorgen. Das ist im Buch genau erklärt, die „trockene“ mathematische Formulierung dieser Erklärung steht auf der Website.dorthin

Eine kurze kreislauftheoretische Erklärung des   r e a l e n   Nachfragemangels

Die kreislauftheoretische Analyse zeigt, dass auch die (allgemeine) Preissenkung (Deflation) den realen Nachfragemangel verursachen kann. Ich bin der Überzeugung, dass diese Idee selbst ein Laie nachvollziehen und verstehen kann, wenn man sie mit geeigneten Bildern verdeutlicht. Wenn du, lieber Leser, nicht Ökonomie studiert hast und daran interessiert ist, kannst du es versuchen:

In den folgenden Bildern ist die Struktur einer einfachen (links) und einer komplizierteren Wirtschaft (rechts) schematisch dargestellt.

  kreis1   kreis2

Die kleinen Punkte sind Unternehmen: Die Pfeile aus ihnen zeigen Ströme, also Gütermengen, die sich durch das System bewegen. Es sind reale Güter. Die Pfeile, die in die Punkte d.h. Unternehmen hineingehen sind die Einkünfte, nachdem sie ihre Produktion abgesetzt haben. Der äußere Kreisring in beiden Bildern ist der Markt für Konsumgüter. Dort werden die bereits produzierten Güter nur getauscht, also verkauft und gekauft. Produziert wird nur im inneren Kreis. Im linken Bild gibt es offensichtlich nur Konsumgüterhersteller. Ihre Güter werden schließlich von all denen nachgefragt, die in den Unternehmen - die hier nur Konsumgüter herstellen - Einkommen beziehen. Es ist offensichtlich, dass hier kein Nachfragemangel entstehen kann. Wenn z.B. das Unternehmen A seine Preise senkt, wird quantitativ genau entsprechend auch sein Einkommen sinken. Umgekehrt gilt es, wenn es die Preise erhöht. Preisänderungen bei den Konsumgüterhersteller sind also, wie man es üblicherweise sagt, gleichgewichts-neutral. Für die einfache Wirtschaft wie die links im Bild oben gilt also uneingeschränkt das berühmte Saysche Gesetz.

  Eine weit verbreitete Formulierung des Sayschen Gesetzes lautet:  
  Jedes Angebot schafft sich seine Nachfrage selbst.  
  James Mill hat in Elements of Political Economy das „Gesetz“ wie folgt angeblich nachgewiesen:  
  „Wenn aber die Nachfrage und das Angebot eines jeden Individuums immer gleich sind, so müssen die Nachfrage und das Angebot aller Individuen in der Nation zusammengenommen gleich sein. Was auch immer daher die Jahresfertigungsmenge sein mag, es kann niemals die Jahresnachfragemenge überschreiten. Die gesamte Jahresfertigung lässt sich in eine Menge von Anteilen aufspalten, die denen derjenigen Personen entspricht, an die sie verteilt wird. Die gesamte Nachfrage entspricht der Menge der gesamten Anteile, die von den Eigentümern nicht für ihren Eigenverbrauch einbehalten werden. Die Gesamtheit der Anteile entspricht jedoch der gesamten Fertigung. Der Nachweis ist somit abgeschlossen.“  

In dem rechten Bild ist die Struktur der Wirtschaft viel komplizierter. Ein Teil der Unternehmer, die sich im inneren Kreis befinden, produzieren Produktionsgüter: Rohstoffe, Halberzeugnisse und Maschinen. Einen Teil davon benötigen sie selbst und den Rest der Produktionsgüter wird den Konsumgüterherstellern geliefert. Dort haben wir wieder den Konsumgüter-Hersteller A. Es ist leicht nachvollziehbar, dass für dieses Unternehmen dasselbe gilt, wie auch im linken Bild. Wenn es billiger (teurer) verkauft, verdient es um den exakt gleichen absoluten Wert weniger (mehr). Auch hier beeinflusst der Konsumgüterhersteller durch seine Preisänderungen das allgemeine Gleichgewicht nicht. Wir werden jetzt anhand eines einfachen Beispiels zeigen, dass es bei den Produzenten der Produktionsgüter anders ist. Die Preissenkung bei ihnen kann einen realen Nachfragemangel verursachen.

Das vorige Bild rechts ist für uns jetzt ein bisschen kompliziert. Wir reduzieren es auf nur drei Unternehmen, wie in dem Bild unten links. Wir können auch sagen, wir haben in diesem Bild die ganze Wirtschaft mit vielen Unternehmen in drei Sektoren eingeteilt. Für die weitere Analyse ist es gut gleich zu bemerken, dass nur Sektor 3 Konsumgüter herstellt. Jetzt „vergrößern“ wir dieses Bild und bestücken es mit Zahlen.

  3sektoren   start  
      Nettoeinkommen:      
  Sektor 1: 1000  
  Sektor 2: 1000  
  Sektor 3: 2000  
4000  
 
    Konsumproduktion:    
  Sektor 1: 0  
  Sektor 2: 0  
  Sektor 3: 4000  
4000  
 

Um die Vorgänge leichter nachvollzuziehen, also um unnötige Details nicht mitdenken zu müssen, ist es hilfreich anzunehmen, dass die Sektoren das ganze Jahr durch nur produzieren und beliefern, am Ende des Jahres setzen sie sich zusammen und rechnen alles ab. Mit den obigen Zahlen wird sich dann jedes Jahr ein Gleichgewicht ergeben. Wir nehmen jetzt an, der Sektor 1 erklärt am 31. Dezember, dass er seine Preise um 20 % senkt. Wenn der Wert seiner gesamten Produktion bisher 3.500 war, fällt er jetzt auf 3.430. War sein (Netto-)Einkommen früher 1.000, jetzt beträgt es nur 930. Damit sich in der Wirtschaft real nichts ändert, die Sektoren 2 und 3 bekommen also auch weiterhin 4/7 bzw. 3/7 seiner Güter, aber 20 % billiger. Wie reagieren diese Sektoren darauf?

Sektor 2 könnte seine Preise auch senken - um konkurrenzfähiger zu sein. Das wäre in der Praxis der übliche Fall. Dann könnte sich Sektor 1 noch einmal überlegen, die Preise weiter zu senken usw. Man käme hier vielleicht schnell auf den Gedanken, das wäre ein Dominoeffekt, der Krise auslösen könnte. Wir wollen jetzt aber noch keine Krise haben. Zuerst soll der Nachfragemangel prinzipiell erklärt werden – zugleich auch noch so einfach wie möglich. Deshalb lassen wir die Preise des Sektors 2 unverändert. Seine Einkünfte, also Profit, ist dadurch folgerichtig um 30 gestiegen. Er hat dies auch für Konsum ausgegeben. Indem er damit die Nachfrage nach den Konsumgütern erhöht hat (30), hat er die von Sektor 1 verursachte Nachfragesenkung (70) teilweise kompensiert. Was mit dem Sektor 3 geschehen ist, ist höchst interessant. Er kann auf einmal das, was er bereits produziert hat, nicht mehr absetzten. Auf dem Markt der Konsumgüter reichen die realen Einkünfte nicht mehr aus, das ganze Angebot nachzufragen. Der Wert des Nachfragemangels (gap) beträgt 40. Das nächste Bild verdeutlicht das.

  inflat  
      Nettoeinkommen:      
  Sektor 1: 930  
  Sektor 2: 1030  
  Sektor 3: 2000  
3960  
 
    Konsumproduktion:    
  Sektor 1: 0  
  Sektor 2: 0  
  Sektor 3: 4000  
4000  
 

Was geschieht, wenn der Sektor 3 den Preis seines Angebots (4.000) um 40 heruntergesetzt - in dem Bild von unten dargestellt? Sein Einkommen (2.000) wird dadurch auch um 40 kleiner, mit dem Ergebnis: Am gap hat sich gar nichts geändert. Vielleicht kann das das folgende Bild zusätzlich veranschaulichen:

    sektor3  

Wenn Sektor 3 seine Güter, die der innere Markt nicht nachfragen kann (40) zum Beipiel exportieren könnte, würde sich das Gleichgewicht in der Wirtschaft wieder einstellen. Das ist die „schlaue“ Lösung, der sich die deutsche Wirtschaft seit Beginn des Lohndumpings nach der Agenda 2010 erfolgreich bedient und seitdem genauso erfolgreich die EU-Wirtschaft ruiniert, nach dem bekanntem Sankt-Florian-Prinzip: Beggar-my-neighbour! Und gerade aus diesem vermeintlichen „Land der Dichter und Denker“ werden noch Belehrungen exportiert: So wie Deutschland sollen auch alle anderen Länder mehr exportieren als importieren, dann werden alle Exportüberschüsse erwirtschaften und es würde allen so gut gehen wie der deutschen Wirtschaft. Darüber hinaus verlangen dieselben großen „Dichter und Denker“ von den anderen Ländern auch noch die berühmte „schwarze Null“ und sind entsetzt vom „Gelddrucken“ der Notenbank bzw. von Draghi.dorthin

Der schreckliche Draghi ist nun weg, die EU-Notenbank will aber ihre Praxis der „geöffneten Geldschleusen“ fortsetzen. Jetzt kommen wir wieder zu Brichta, der behauptet, etwas anderes würde man gar nicht tun dürfen. Und er hat Recht damit. Er kann natürlich nicht erklären, warum dem so ist. „Ich rede betont nicht von ,richtig‘ oder ,falsch‘ … Ich ,befürworte‘ nicht und ,plädiere‘ nicht für etwas“ – so Brichta selbst, fast stolz darüber. Ja, wenn man das dumme Zeug genannt neoliberale Wirtschaftslehre studiert hat, was sowohl für Brichta als auch für Bernecker gilt, hat man nur zwei Möglichkeiten: Wie Bernecker welche realitätsferne Idiotien nachzuplappern, oder wenn man nur ein bisschen die Realität berücksichtigt, kann man vor dem Hintergrund dieser Lehre nichts Sinnvolles sagen – in diesem Sinne ist Brichta ehrlich. Macht nichts! In der Fortsetzung unseres kleinen Beispiels über den realen Nachfragemangel greifen wir Brichta unter die Arme. Wir können die im vorigen Beitrag 3 gestellten Fragen für ihn analytisch streng beantworten. Wir gehen sie der Reihe nach durch:


Warum kann das „Gelddrucken“ den Zusammenbruch aufschieben - wie es Brichta mit Recht behauptet?

Wir sind aus dem numerischen Beispiel zur Schlussfolgerung gekommen, dass der (reale) Nachfragemangel in der ganzen Wirtschaft, also makroökonomisch, möglich ist. Die Preisschwankung ist aber nicht der einzige Faktor, der die Nachfrage verringert oder vergrößert, es gibt noch weitere Faktoren. Mit dem gleichen Fließdiagramm und den gleichen Preisen lässt sich auch schnell das Entstehen des Nachfragemangels beim Investieren (Kapitalakkumulation) nachvollziehen.dorthin Das Zusammenwirken aller (drei) Faktoren kann den Nachfragemangel für eine längere Zeit verhindern, aber auch einen länger andauernden Zustand des Ungleichgewichts mit Preissenkung verursachen. Man hat einen solchen Zustand im 18. Jahrhundert als säkulare Stagnation bezeichnet. Alles spricht dafür, dass sich die EU-Wirtschaft in diesem Zustand befindet. Die neoliberale Medizin ist erschöpft, man kann nur mit dem „Gelddrucken“ der Notenbank verhindern, dass die plutokratische Ordnung und ihre freie Marktwirtschaft wie Kartenhaus zusammenbricht. Brichta spürt es richtig, wir erklären es, wie man es zu sagen pflegt analytisch streng:

Wenn der Nachfragemangel entsteht, und nicht etwa durch Exportüberschüsse beseitigt werden kann, gibt es prinzipiell zwei unterschiedliche Möglichkeiten, ihn mit Geld zu beheben:

  1. Das Geld der Nachfrageseite hinzuzufügen:

Das ist die keynesianische Lösung. Der Staat nimmt das Geld um Schüler und Studenten zu dotieren, an den Kosten der Kranken zu partizipieren, sozial Schwachen zu helfen usw. Es gibt auch genügend der sog. Kollektivgüter, für die sich das Geld sinnvoll ausgeben lässt: Infrastruktur, Naturschutz, Museen, Erholungsorte usw.

  1. Das Geld der Angebotsseite hinzuzufügen:

In unserem Beispiel könnte die Notenbank das Geld den Banken schenken (40) und diese dem Sektor 3 im Bild weiterleiten. Dadurch würde dieser Sektor liquide bleiben und weiter wirtschaften können. Er könnte zwar das geschenkte Geld (40) vollständig für Konsumgüter ausgeben, aber er wird das eher nicht tun. Man kennt verschiedene Gründe, warum die Reichen schlechte Konsumenten sind bzw. warum sie für die Konsumgüter nicht so viel ausgeben wie ihnen eigentlich möglich ist. Die Keynesianer haben das schon vor langer Zeit durchdiskutiert (Einkommen-Ausgaben Modell, absolute Einkommenshypothese). Deshalb wird die Notenbank nolens-volens weiter Geld „drucken“, die Banken werden es der Wirtschaft schenken, diese wird das neue Geld wieder nicht vollständig verbrauchen, um den Nachfragemang zu kompensieren, was zusätzliche Preissenkung und zusätzlichen realen (!) Nachfragemangel verursacht - wie im Bild; die Notenbank muss weiter Geld „drucken“ und so weiter und so fort.

Also Herr Brichta, in einer Sache haben Sie Recht: Die freie Marktwirtschaft ist nach den neoliberalen Reformen in einem ramponierten Zustand, so dass nur die „Geldflutung“ einen Zusammenbruch verhindern bzw. hinauszögern kann. Über diesen Zustand, in den uns die neoliberale Konterrevolution gebracht hat, könnten wir noch viel sagen, jetzt beantworten wir aber nur ganz kurz die Frage: Cui bono?

Die keynesianische Beseitigung des Nachfragemangels von der Nachfrageseite her hat der großen Mehrheit der Bürger genutzt und für das sog. „Goldene Zeitalter des Kapitalismus“ gesorgt. Die neoliberale Beseitigung des Nachfragemangels von der Angebotsseite nutzt nur einer kleinen Gruppe der Reichen bzw. Reichsten. Diese aber bitte nicht mit den „Unternehmen“ verwechseln! Wie es seit dem Jahr 2008 für alle klar ersichtlich ist, sind es nicht die kleineren und mittleren „Kapitalisten“, die das Geld von der Notenbank geschenkt bekommen, sondern nur ganz große Konzerne. Das ist der einzige Grund, warum die Notenbank „unabhängig“ sein soll. Also damit sie wie ein legalisierter Geldfälscher den ganz Reichen das Geld straffrei schenken kann.

Aber wo können die Reichen so viel Geld überhaupt verbrauchen? Das ist leicht zu beantworten. Sie kaufen Aktien ohne zu investieren - siehe Krugman oben. Sie können mit dem geschenkten Geld kleine und mittlere Unternehmen aufkaufen. Wo das endet ist bekannt und wurde schon von Marx am Ende des Ersten Bandes des Kapitals (1867) beschrieben: „Diese Expropriation vollzieht sich durch das Spiel der immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion selbst. Je ein Kapitalist schlägt viele tot. … Mit der beständig abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten, welche alle Vorteile dieses Umwandlungsprozesses usurpieren und monopolisieren, wächst die Masse des Elends, des Drucks, der Knechtschaft, der Entartung, der Ausbeutung, aber auch die Empörung … Die Zentralisation der Produktionsmittel und die Vergesellschaftung der Arbeit erreichen einen Punkt, wo sie unverträglich werden mit ihrer kapitalistischen Hülle.“ Es stimmt also, wenn Bernecker der Gelschöpfung der EZB vorwirft: „De facto findet gar keine Preisfindung im [Kapital-]Markt mehr statt.“ Er begreift aber nicht, dass dies so gewollt ist. In dem real Existierend Kapitalismus galt schon immer, dass es dort, wo die Reichsten wirtschaften, nie faire Preisfindung bzw. Konkurrenz gab. Die allgemeine Konkurrenz gibt es nur in dem Unsinn genannt neoliberale Wirtschaftslehre. Die Konkurrenz galt immer nur für den Arbeitsmarkt und als die periodische Krise begonnen hat auch für die kleineren und mittleren Kapitalisten. Das ist der Punkt, als sich der real existierende Kapitalismus mit dem Faschismus zu retten versucht. Was Stalinismus für Kommunismus war, genau dasselbe ist der Faschismus für die „liberale Demokratie“. Und wie wir es gerade erleben, die Geschichte wiederholt sich.

Jawohl, wie alle auch die neoliberale (Konter-)Revolution frisst ihre Kinder: die Mittigen. Ihnen wurde doch alles versprochen und sie verlieren allmählich alles. Man ist versucht zu sagen: Die haben es nicht anders verdient! In der Tat, mit welcher Belustigung und Schadenfreude hat die sog. Mitte die Zurichtung der Arbeiterklasse am Anfang der neoliberalen Jahre bejubelt. Jeder wollte voll erhabener Gesinnungen den biblischen ersten Stein werfen und nun …


Warum bricht die freie Marktwirtschaft eigentlich immer wieder zusammen?

Diese Frage kann hier nicht ausführlich beantwortet werden, eine kurze Antwort ist aber unbedingt nötig, damit keine Missverständnisse entstehen. Und zwar aus folgendem Grund:

Es wurde nebenbei bemerkt, dass die Preissenkung nicht immer einen Nachfragemangel verursacht. Es hängt von dem Zustand ab, in dem sich die Wirtschaft befindet. Und es gibt neben der Preissenkung auch andere Faktoren, die die Nachfrage verringern oder auch vergrößern. Man kann sie nicht separat behandeln, sondern nur in einem in sich schlüssigen Modell. Aus diesem Modell ergibt sich, dass die freie Marktwirtschaft im Gleichgewicht ist, wenn folgende Bedingung erfüllt ist:

   YK' = I' = S'
    YK'   -   Produktionszuwachs von Produktionsgütern   I'   -   Nettoinvestitionen   S'   -   Nettoersparnisse

Es spricht einiges dafür, diese Bedingung als Allgemeine Gleichung des Sparens zu bezeichnen. Mehr dazu dorthin

Analysiert man mit dieser Gleichung das Wirtschaftswachstum, ergibt sich zuerst, dass sich diese Bedingung für einige Zeit lang spontan einstellt (Aufschwung, Boom), aber irgendwann kippt alles (Rezession) und es gibt große Probleme (Krise), bis diese Bedingung wieder erfüllt ist. Auf der Website ist das ausführlich dargestellt. dorthin


Warum hat die jahrelange Geldflutung keine Inflation verursacht?

Fortsetzung folgt

     
Keywords und Lesehinweise  
#Geld und was tun mit ihm?  
 
Ausführliche Fachartikel auf der Website:  
Überelegugnen der Ökonomen über das Geld und seine Funktionen lesen
Friedmans Geldregelung versus demokratische Geldschöpfung und Geldregelung lesen
Im eBook thematisiert:  
Marktwirtschaft neu denken: Teil II, Kapitel 8  
 
     
#Neoliberalismus  
 
Ausführliche Fachartikel auf der Website:  
Der Neoliberalismus - ein ideologischer Verrat an Liberalismus und Wissenschaft lesen
Im eBook thematisiert:  
Marktwirtschaft neu denken: Teil I, Kapitel 1.3  
 
     
     
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