1: Peter Hahne und die typisch deutsche Selbsttäuschung, Inkompetenz und Naivität
Was mich veranlasst diesen und die folgenden Blogs zu schreiben, ist das Video von Peter Hahne, in dem er gegen gegen Merz’ Mega-Schulden polemisiert: „Das ähnelt einem Staatsstreich“. 
Dieses Video habe ich nicht so genießen können, wie viele der vorherigen von ihm, weil ich seiner ökonomischen Interpretation von Staatschulden nicht zustimmen kann. Wäre diese Interpretation von Hahne nur von vielen, die man zu hören bekommt, würde sie mich wenig interessieren. Aber sie ist in Deutschland dominant, so wie der Neoliberalismus in Deutschland dominant ist wie vielleicht nirgendwo sonst auf der Welt. Dieser hat sich in Deutschland herausgebildet und etabliert, nachdem Kaiser Wilhelm II. den „Eisernen Kanzler“ Bismarck gefeuert hat. Das werde ich später genauer erörtern.
Was hat mich aber in den früheren Videos von Hahne so begeistert? Dort habe ich in ihm in einer Hinsicht keinen typischen Deutschen, ja eigentlich gar keinen Deutschen gesehen. Es ist so gar nicht deutsch, den Mut zu haben um zu sagen, was man denkt. Der „Mut“ zu labern und zu sinnieren ist dagegen typisch deutsch, schon seit Kant. Hahne lässt sich in seiner Wortwahl auch kaum noch von der Political Correctnis stören. Er prangert die Dummheit der Politiker klar und konkret an. Wie Shakespeares Hamlet ahnt er, dass im Staate Deutschland etwas faul ist, und das beunruhigt und berührt ihn sichtlich. Und er ist so ehrlich darüber besorgt, dass es fast zu Tränen rührt. Zugleich redet er den Deutschen ins Gewissen, z. B., dass sie von „Endsiegen“ und dem Reden davon eigentlich genug haben sollten. Hut ab, Herr Hahne! Wenn also Hahne spricht, weckt er in den Menschen einfach ehriche natürliche moralische Gefühle. Jedem Menschen sind Wortbruch und falsche Versprechungen zuwider und wenn sie von den angeblichen Volksvertretern begangen werden, ist es um so schlimmer.
Trotzdem, auch wenn mich die Worte Hahnes zutiefst berührt haben, fühlte ich mich ständig ein wenig unwohl. Ich merkte, dass etwas fehlte. Ich habe nicht etwa erwartet, Hahne würde nach seiner schonungslosen Kritik eine neue politische Konzeption für Deutschland vorstellen. Das wäre zu viel von solchen Videos erwartet. Erst nach und nach bin ich darauf gekommen, was mich trotz der Begeisterung unzufrieden gelassen hat. Kurz zusammengefasst: Sowohl die moralische als auch die ökonomische Zielrichtung ist bei Hahne auf Personen gerichtet.
Da mir die Videos von Hahne keine Ruhe gelassen haben, habe ich mir in Wikipedia angeschaut, was über Peter Hahne zu erfahren ist. Dort steht:
Er studierte Theologie, Philosophie, Psychologie und Germanistik in Bethel, Heidelberg und Tübingen. Er arbeitete beim Saarländischen Rundfunk (SR) in der Chefredaktion „Politik“ und arbeitete dort anschließend als Hörfunkmoderator und Fernsehautor. Erster Redakteur in der Chefredaktion (Politik) des SR. Danach wechselte Hahne in die Hauptredaktion „Aktuelles“ des ZDF, wo er als Co-Moderator und Redakteur des heute-journals (1989–1991) und Studioredakteur der Hauptausgabe von heute (1991–1999) arbeitete. Von 1999 bis Ende März 2010 war Hahne stellvertretender Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios in Berlin, moderierte im Wechsel mit Peter Frey das Politmagazin Berlin direkt und führte mit ihm die ZDF-Sommerinterviews. Zum 1. April 2010 wechselte Hahne in die ZDF-Programmdirektion und erhielt ein sonntägliches Talkformat. Peter Hahne ist seit 1996 – verstärkt seit Beginn seines Ruhestands 2018 – als Kolumnist für die Bild am Sonntag.
Diese Informationen haben mir geholfen, ihn etwas besser zu verstehen. Die moralischen Auffassungen von Hahne fußen auf Auffassungen der deutschen Moralphilosophen. Hahne ist also ein typisches Produkt der deutschen Philosophie und Ethik, die von narzisstischer Selbstüberschätzung und Selbstgerechtigkeit nur so strotzt. Den Deutschen sind Weltmeisterschaften sehr wichtig, sei es beim Fußball, beim Export oder der Moral. Bekanntlich ist auch der Tod ein Meister aus Deutschland. Ja, der Leser ahnt es sicher schon. Diese deutschen Moralweltmeister werde ich nicht schonen. Ich weiß: Wenn über Menschen spekuliert und sinniert wird, dann ist die deutsche Philosophie populärer als alle anderen. Das stört mich aber gar nicht. Die Astrologie ist viel populärer als die deutsche Philosophie, aus den gleichen Gründen. Es geht mir um etwas Anderes.
In seinem beruflichen Leben bewegte sich Hahne offensichtlich ständig unter der deutschen Prominenz, wo er ihre ökonomische Auffassungen wie ein Schwamm aufgesogen hat. Und diese Ökonomie ist falsch und irreführend, wie es sich seit der Zeit, als Kaiser Wilhelm II. seinen Kanzler Bismarck feuerte, erwiesen hat. Die deutsche Gesinnungs- und Tugendethik mag risikoreich sein, die deutsche ökonomische Theorie ist fatal. Beide kranken an Selbsttäuschung, Inkompetenz und Naivität und das kommt bei Hahne klar zum Ausdruck.
Die Form, in der ich meine Kritik darstelle, habe ich vom berühmten Montesquieu kopiert. In Wikipedia steht darüber Folgendes:
Persische Briefe (Lettres Persanes) ist ein berühmter und viel gelesener Briefroman von Charles de Secondat, Baron de Montesquieu. Er erschien 1721 anonym in Amsterdam. In den 161 Briefen, die der Roman umfasst, spricht Montesquieu schon viele der geschichts- und staatsphilosophischen Themen an, die er später weiter ausarbeiten wird. Heute gilt das Werk als ein Schlüsseltext der Aufklärung.
Persische Briefe sind die fiktive Korrespondenz zweier fiktiver Perser, Usbek und Rica, die im April 1711 ihre Heimatstadt Isfahan in Persien verlassen ... sie kommen im Juni 1712 in Paris, dem Ziel ihrer Reise, an. Ihr Aufenthalt in Frankreich beginnt in den letzten Regierungsjahren Ludwigs XIV. und endet zu Beginn der Regentschaft von Philipp von Orléans. Hierbei schildern sie – dies ist der aufklärerische Kern des Werkes – ihren Korrespondenzpartnern in Persien ... die kulturellen, religiösen und politischen Verhältnisse vor allem in Frankreich und besonders in Paris mit einer Mischung aus Staunen, Kopfschütteln, Spott und Missbilligung. Daneben findet Montesquieu Gelegenheit, aus den unterschiedlichen Perspektiven seiner Briefschreiber und auch der Antwortenden weitere der Aufklärung wichtige Themen zu behandeln, wie Religion und Priestertum, Sklaverei, Polygamie u. a.
Die wichtigsten Themen unserer Zeit bzw. unserer Epoche, der Postmoderne, sind natürlich andere als die am Beginn der Moderne. Wenn ich die Blogs als persische Briefe bezeichne, ist damit schon angedeutet, dass es um viel Ironie und Übersteigerung gehen wird. Da es um die Situation in Deutschland geht, ist es vielleicht eine gute Vorsichtsmaßnahme sich auf diese Weise, also sich hinter den „Briefen“zu tarnen. Vielleicht kann sich Hahne erlauben, über heutige Auswüchse von „Freiheit und Demokratie“ offen zu sprechen, etwa die über Gesinnungs-, Corona-, Sprach- und Klimapolizei. Ich bezweifle, ob dies heute jedem Bürger auch ohne extreme negative Konsequenzen so möglich wäre. Irgendwann früher, bis vor gut einem Jahrzehnt war das noch eher möglich, das kenne ich aus persönlicher Erfahrung, aber wann und wie genau sich das geändert hat, weiß ich nicht. Dort wo ich jetzt wohne, gibt es so etwas nicht - noch nicht -, aber der Staat hat bekanntlich eine langen Arm, vor dem sich keiner seiner Bürger irgendwo sicher fühlen kann.
Vieleicht kann ich mir aus der Ferne manchmal doch erlauben, sogar etwas auszusprechen, was Hahne nicht wagt oder wessen er sich vielleicht gar nicht bewusst ist. So etwa die Voraussage von Ignazio Silone, einem italienischen linken Schriftsteller: „Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: ‚Ich bin der Faschismus‘. Nein, er wird sagen: ‚Ich bin der Antifaschismus‘.“ Und was die Sprache betrifft, werde ich mich ebenfalls nicht an eine heuchlerische Höflichkeit halten. Ich werde Dummheit als Dummheit benennen, Heuchelei als Heuchelei, Raub als Raub usw.
Die Struktur der Texte in den folgenden Blogs wird eine 3-Schritte Struktur haben:
1.a Ein starker Geist diskutiert Ideen.
Zuerst wird die betreffende Thematik abstrakt behandelt, sozusagen theoretisch. Im Vordergrund steht die logische Schlüssigkeit der Argumentation. Empirische Tatsachen werden so wenig wie nötig benutzt, und nur um allzu abstrakte Überlegungen zu verdeutlichen.
1.b Ein durchschnittlicher Geist diskutiert Ereignisse.
Die theoretisch argumentierte These wird auf die wichtigsten Tatsachen angewandt. Dabei wird so viel wie angemessen auf die Vergangenheit Bezug genommen, um die Ereignisse der heutigen Zeit besser erklären und einordnen zu können.
1.c Ein schwacher Geist diskutiert Leute.
Alle gesellschaftlichen Prozesse haben ihre repräsentativen Vertreter, so wie Sokrates der bekannteste Vertreter einer bestimmten philosophischen Richtung bzw. Schule ist. Das betrifft alle Bereiche. Letztlich wäre es sinnlos, gar nicht über „die Leute“ sprechen zu wollen, denn was auch immer in unserer Welt geschieht, wird ja immer von Menschen ausgeführt. Auch auf Hahne selbst trifft das zu. Mir ist bewusst, dass nicht er allein ein heftiger Kritiker der heutigen Lage in Deutschland ist. Von vielen habe ich bestimmt nicht einmal etwas gehört, aber er hat meine Aufmerksamkeit geweckt und ist deswegen für mich repräsentativ. Ich meine also auch so manche andere, wenn ich ihm persönlich etwas vorwerfe.
Bemerkung:
Nicht ganz unwichtig ist noch zu bemerken, warum ich im Titel den Ausdruck „bestes Deutschland aller Zeiten“ benutze. Es scheint mir, als würden die Politiker und Medien in „demokratischen“ Staaten heutzutage desto nachdrücklicher von der „besten Lage aller Zeiten“ sprechen - nicht also nur in Deutschland - je mehr es ersichtlich wird, dass die alte Ordnung seit dem Ende des 2. Weltkriegs dabei ist, zusammenzubrechen und die Epoche der Moderne ihrem Ende entgegengeht.
Soviel vorweg, im nächsten Blog geht es los.
Fortsetzung folgt