2.c Ein schwacher Geist diskutiert Leute
Was bedeutet es über Leute zu diskutieren? Über einzelne Menschen? Natürlich haben auch die Menschen in Deutschland wie überall sonst die verschiedensten Meinungen über alles. Wenn wir sie alle berücksichtigen würden, dann wäre es unmöglich sich ein bestimmtes Bild von den Deutschen generell zu bekommen bzw. was für sie typisch ist. Man muss also solche Deutsche auswählen, von denen man annehmen kann, dass sie die Merkmale bzw. Meinungen haben, die die Deutschen von anderen Völkern auffällig unterscheiden. Ich glaube Hahne ist ein solcher typischer Deutscher. Er ist so etwas wie eine Kreuzung aus Humanist und Christ der alten Schule, also nolens volens ein Moralist. Im von Kants Denken geprägten Deutschland ist ein Moralist ein Mensch des „guten Willens“, also ein Mensch der sich sicher ist, sein Wille sei gut. Die anderen, mit denen sie sich nicht einig sind, sind Menschen mit keinem guten Willen. Sie schaden Deutschland und das bringt Hahne auf die Palme (Interessant, in Deutschland gibt es keine Palmen, aber ein Sprichwort mit Palme.).
Was da gleich auffällt ist, dass diejenigen die Hahne angreift, selber meinen ihr Wille sei gut. Sie wollen die Welt retten und mit Deutschland fangen sie an. Kant lässt grüßen! Aber nach Herrn Hahne sind sie jedoch „Idioten“. Was bedeutet das von ihm so geliebte Wort „Idiot“ eigentlich?
Das Wort stammt vom griechischen Substantiv ἰδιώτης idiōtēs und gemeint ist „eine Privatperson, ein Individuum“, also „ein Privatbürger“. Schließlich steht „Idiot“ als Gegensatz zu jemandem mit einem politischen Engagement oder Amt. Im sprachlichen Sinne wären also heute Bürger, die ihre individuelle Freiheit hochschätzen und nichts mit dem Staat zu tun haben wollen, die größten Idioten. Herr Hahne, das Wort „Idiot“ im ursprünglichen Sinne heißt also nicht etwa Nicht-Fachmann oder Dummkopf. Ja, im Umgangssprache ist ein Idiot ein Dummkopf, aber warum sollten Sie, Herr Hahne, dieses Sprachniveau benutzen? Sie dürfen das durchaus, aber wollten sie nicht von einer höheren moralischen und fachlichen Position aus die heutigen deutschen Politiker kritisieren?
Woraus folgert Herr Hahne, dass jemand ein Idiot sei? Er ist bestimmt dann einer, wenn er jemand anderen auffordert „seine Position um 360 Grad“ zu drehen. Das ist mathematisch betrachtet ganz sicher ein Unsinn, weil man wieder an der Ausgangsposition ankommt. Die Bildung von Herrn Hahne war ganz bestimmt klassisch, eine nach der Humboldtschen Vorstellung, nach der damals Deutschland historisch betrachtet zur ersten allgemein gebildeten Nationen geworden ist und sich mit vollem Recht die Bewunderung der ganzen Welt verdient hat. Die Erste industrielle Revolution war das Werkt der Praktiker, sie war englisch. Die Zweite industrielle Revolution war eine wissenschaftliche, sie war (hauptsächlich) deutsch. Aber die heutigen Europäer werden nicht nach deutschen Maßstäben aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ausgebildet, sondern nach dem „Bologna-System“. Das ist ein Modell für Idiotismus im Sinne von Herrn Hahne. Dort lernt man ohnehin nicht zu denken, dann braucht man auch keine Mathematik. Und dann kommt man selbstverständlich zur Schlussfolgerung:
- Sich um 180 Grad zu drehen, das bedeutet sich gründlich zu ändern.
- Und wenn man 180 Grad verdoppelt, dann ist man noch gründlicher, denn 360 Grad ist doppelt so viele.
Herr Hahne kritisiert Menschen, aber warum? Sind die nicht NUR ein Produkt der Institutionen, wie etwa dem „Bologna-System“? Dessen Funktion ist, die westliche Ideologie zu hegen und zu pflegen. Die Ideologisierung des westlichen Bildungssystems kommt Herrn Hahne aber nicht in den Sinn - er hat es zumindest nie erwähnt. Und er ist auch nicht als jemand aufgefallen der kritisiert, dass die „westlichen Werte“ mit gutem Gewissen, also mit Kantschem „guten Willen“ dem Rest der Welt aufgedrängt werden: Mit „farbigen Revolutionen“, und wenn es nicht anders geht, dann eben mit Kriegen.
Wenn Hahne „Mut, Mut, Mut“ meint, bezieht sich das auf konkrete „Idioten“ in der Politik, Institutionen anzuzweifeln, solcher „Mut, Mut, Mut“ ist ihm fremd. In seinem Kreuzzug gegen Idioten stellt er auch nie die Frage, warum diese „Idioten“ vom deutschen Volk gewählt wurden?
Seinen „guten Willen“, unter dem Herr Hahne nicht weniger versteht als den „kategorischen Imperativ“, rechtfertigt er bei sich auch mit dem Christentum. Als Christ ist er „mutiger Vertreter der Wahrheit“ und er klärt uns auf: „Wahrheit macht uns frei, hat Jesus gesagt“. Wie bitte? Jesus als Freiheitskämpfer? Herr Hahne, die Freiheit bzw. die individuelle Freiheit ist ein Produkt einer Ideologie der Moderne und insbesondere des Kapitalismus. Darf ich mir jetzt den Mut erlauben, Sie, Herr Hahne, zu einem Idioten zu erklären, weil Sie die Bibel nicht kennen oder aus ihr eine Farce machen?
Nicht Menschen zu befreien hatte Jesus vor, sondern predigte ihnen, sich in ihren Taten als gut zu zeigen. Erinnern Sie sich: An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ (Mt 7:15-16). Nicht nach ihrer selbsttranszendierenden und autosuggestiven Güte. Menschen mit dem „guten Willen“ nannte er „reißende Wölfe“. Für Letztere sieht es sehr schlecht aus, Herr Hahne. Sie hätten sich doch erinnern müssen: „Die ersten werden die letzten sein“. Es scheint Jesus hat gewusst, dass so etwas kommen wird, was etwa Karlheinz Deschner (1924-2014) zusammengetragen hat, ein deutscher Schriftsteller und Historiker, der vor allem durch seine kritischen Veröffentlichungen zur Kirchengeschichte bekannt wurde (Opus Diaboli, Das Jahrhundert der Barbarei, Abermals krähte der Hahn, Mit Gott und den Faschisten, usw.) Zu unzähligen Taten im Namen des Christentums kann man verwirrt feststellen: „Es muss ein eigentümliches Vergnügen sein, im Blut der Menschheit zu schwimmen. Es muss ein eigentümliches Vergnügen sein, fast zwei Jahrtausende zu fälschen und zu täuschen.“ ... „Wo sonst gibt es eine Religion, die aus Liebe tötet, aus Liebe foltert, aus Liebe raubt, erpresst, entehrt, verteufelt und verdammt. Das Ganze heißt nicht Geisteskrankheit, das Ganze heißt Christentum.“
Ich bin zwar absolut einverstanden, dass der Islam nicht zu Europa gehört, weil es sich so eben historisch nicht ergeben hat. Die Menschen wollen in ihrer gewohnten Weltanschauung leben und sich keine andere aufzwingen lassen. Das ist ein einfacher, aber AUSREICHENDER Grund. Doch was fällt Ihnen ein? Sie sind empört, wenn in Stadtvierteln mit muslimischer Mehrheit zwei Männer nicht „Händchen halten und küssen“ dürfen. Herr Hahne, irgendwie ist es nicht weit her mit ihren Werten, den christlichen insbesondere. Und sind Sie dermaßen ungebildet nicht wissen, dass es auch in einigen amerikanischen Staaten nicht erlaubt ist, sich auf der Straße zu küssen, und zwar für „traditionelle“ Paare: Mann und Frau. Wo bleibt ihre Empörung, Herr Hahne? Typisch westliche Doppelmoral!
Was mich besonders beeindruckt hat ist, dass sie Solschenizyn als ihren Verbündeten nennen. Weil Sie ihn in den Jahren als sie jung waren ihn als einen Kämpfer gegen den „tyrannischen Kommunismus“ bewundert haben? Oder weil er später, als er lang genug im Westen lebte, immer mehr von Christentum besessen war (Eigentlich vom orthodoxen Christentum, das sich vom Christentum in Westeuropa deutlich unterscheidet, aber das lassen wir jetzt). Aber wenn wir schon bei Solschenizyn sind prüfen wir, ob Sie vielleicht ein „Idiot“ der ersten Güte sind.
Wer war Solschenizyn wirklich? Er hat sich Erzählungen ausgedacht hat, wie Stalin praktisch eigenhändig bis zu 60 Millionen Menschen umgebracht habe – zusammen mit der Kriegszeit sollten es 110 Millionen sein. Dafür hat man Solschenizyn im Westen zur Lichtgestalt erhoben und ihn mit allen möglichen Auszeichnungen überschüttet. Zwischenzeitlich besteht schon seit vielen Jahren Zugang zu den Archiven der kommunistischen Zeit. Seriöse Historiker haben da etwas anderes herausgefunden. In den Jahren der Stalinschen Herrschaft (1921-1953) sind nicht mehr als 800.000 zum Tode verurteilt worden, über 80 % davon in den Jahren 1937-38. Das war der Kampf nach der Revolution, zwischen den „marxistischen Taliban“ wie etwa Trotzky, denen immer eine proletarische Weltrevolution im Kopf spukte, und den Anhängern von Stalin, die zuerst in einem einzigen Land den Kommunismus aufbauen wollten. Außerdem waren von diesen 800.000 bei weitem nicht alle politisch Verfolgte und nicht alle von ihnen wurden letzten Endes auch exekutiert. Chruschtschow hat sich besonders bemüht, die ukrainischen Nazikollaborateure zu „verstehen“ und zu begnadigen. Aber sei es wie es sei, die Zahl der politischen Opfer entspricht etwa der Zahl der irakischen Kinder, die „heroisch“ ihr Leben für die westliche Demokratie geopfert haben, so damals Madeleine Albright. Haben Sie, Herr Hahne, diese Frau je kritisiert?
Die Säuberungen unter Stalin waren nur eine von vielen Geschichtsfälschungen. Erwähnen wir noch die Stalinschen Lager (Gulag). Das Leben im Lager kann nie gut sein, aber die Stalinschen Lager waren Arbeitslager, wo man Häftlinge zur Arbeit motivierte und sie auch bescheiden bezahlte. Als im Jahr 1996 in den USA mehr als 1,6 Millionen Menschen unter teils unmenschlichen Bedingungen inhaftiert waren, hat die gesamtgesellschaftliche Sträflingsquote diejenige der stalinistischen Sowjetunion zur Zeit des Gulag überschritten, stellte die liberale Wirtschaftswoche verwundert fest (Hand abhacken, Nr. 52, 1997). Aber weder die Säuberungen nach der Revolution noch die Gulag haben die meisten Opfer verursacht, sondern die Industrialisierung des rückständigen Russlands.
Die russischen Bauern waren nicht bereit, ihre traditionelle und nicht so anstrengende Lebensweise zu ändern und als Arbeiter in den neuen Fabriken zu schuften. Ebenfalls war ihnen auch nicht einleuchtend, warum sie von dem, was sie selbst säten und ernteten, den Arbeitern in den Städten liefern sollen, von denen sie in den ersten Jahren nichts zurückbekommen haben. Die Arbeiter mussten nämlich zuerst Fabriken aufbauen und konnten erst dann dort produzierte Traktoren für die Bauern herstellen. Das und einiges mehr kam zu den bekannten Hungertoten auf den Dörfern.
Aber auch was die Opfer der Industrialisierung betrifft, kann gerade der Westen nicht derjenige sein, der den biblischen „ersten Stein“ werfen dürfte. Viele Jahrzehnte früher hat man auch in England durch Hunger und Mangel ehemalige Kleinbauern und Landarbeiter in die Fabriken getrieben, was sehr eindrucksvoll Karl Polanyi als „The Great Transformation“ beschrieben hat. In England war das eine innere Angelegenheit, weil das Land von keinem äußerem Feind bedroht wurde und außerdem auch schon fleißig Kolonien ausgeraubt hatte. Russische Kommunisten dagegen hatten zugleich mit unzähligen bewaffneten Interventionen, Sanktionen und allen anderen möglichen Angriffen der kapitalistischen Länder zu kämpfen. Da war es ein Wunder, dass die russischen Kommunisten das Land gegen den Westen verteidigen konnten, und ein ebenso großes Wunder ist der Erfolg bei der Industrialisierung. Nebenbei bemerkt, in den USA musste man nicht die „The Great Transformation“ wiederholen, dort hat man die Indianer einfach ausgerottet. Die Stalinsche Industrialisierung hat das Leben von Millionen gekostet, und zwar in weniger Jahren, deshalb ließ sich das durch kapitalistische Propaganda als ein schreckliches Verbrechen hochstilisieren. In Amerika gab es zumindest zehn Mal mehr Opfer, aber in einer viel längeren Zeit, so dass dies nicht sehr auffällig war. Was war das Ergebnis? Als Stalin gestorben ist (1953) ist, lautete die Todesanzeige in The Times: „Der Kern der wahren historischen Errungenschaften Stalins liegt darin, dass er Russland mit einem Pflug eroberte und ihm Atomreaktoren hinterließ. Er hat Russland zum zweitindustriell am weitesten entwickelten Land der Welt gemacht. ... Solche Errungenschaften wären ohne eine umfassende Kulturrevolution, in deren Verlauf die gesamte Bevölkerung zur Schule ging und sehr fleißig lernte, nicht möglich gewesen.“ Ich höre Sie, Herr Hahne, wie Sie sich empören, wie Sie sagen, kein ökonomischer Fortschritt kann die Verachtung menschlichen Lebens rechtfertigen. Und das sagt jemand aus dem Westen - aber dazu komme ich noch.
Das durchschnittliche Lebensalter der Männer im postsowjetischen Russland ist zwischen 1991 bis 1994 von 64 auf 57 gefallen und nach nur einem Jahrzehnt der Transition ist die ökonomische Leistung um 48% zusammengebrochen, während des Zweiten Weltkrieges nur um 21%. Das durch die Einführung der Marktwirtschaft verursachte demographische Loch ist ein nicht wegzuinterpretierendes empirisches Zeugnis dafür. Einen Aderlass am russischen Volke von historischen Ausmaßen hat nicht die Stalinsche Säuberung, sondern die wirtschaftliche Liberalisierung unter Jelzin angerichtet. Stalin hat jedoch kein demographisches Loch hinterlassen. Als er starb, war die Sowjetunion um 60 Millionen Bewohner größer, die nicht mehr überwiegend rückständige Bauern, sondern Techniker, Ingenieure, Atomphysiker, Kosmonauten, Ärzte und vieles mehr waren. Anbetracht dieser Tatsachen muss man zugestehen, dass Solschenizyn in einer Hinsicht ein wirkliches Genie war. Um seine Leistung hätte ihn der legendäre Lügenbaron von Münchhausen richtig beneidet. Worauf wartet nur das Guinness-Buch der Rekorde? Bemerkenswert dabei ist, dass Solschenizyn ohne Hilfe des Westens nie zum Lügenbaron geworden wäre. Ein seltsamer Zynismus ist diese Heuchelei für den angeblich so zivilisierten und moralischen Westen. Auch das wird den Menschen in Russland immer klarer.
Wenn man sieht was der kollektive Westen heute gegen Russland unternimmt, unter anderem sind es im Moment fast 30.000 ökonomische Sanktionen, kann man sich gut vorstellen, wie es damals gewesen sein musste, als man in Russland noch eine dem Kapitalismus feindlich eingestellte Ordnung errichten wollte. Es gab nichts, was der Westen nach der russischen Revolution nicht unternommen hätte, um das kommunistische Russland zu vernichten. Stalin hat ständig wiederholt, dass man das Land im Eiltempo industrialisieren musste, sonst wäre es vom Westen vernichtet worden. Er war hier tatsächlich prophetisch. Der unter Hitler vereinte und im Gleichschritt marschierende Westen hat sich bald genau diese Aufgabe gestellt.
Wenn man aus der Geschichte des Kapitalismus nur das Gute nimmt und aus der Geschichte des Kommunismus nur das Schlimme, war der Kommunismus eine Hölle auf Erden. Aber das hat nichts mit der Wahrheit zu tun. Es war ein großes Glück für Russland, dass sich während der Säuberungen nach der Revolution der Pragmatiker Stalin durchgesetzt hat. Ohne seine gelungene Industrialisierung wäre es dem vereinten Europa unter der Führung von Hitler gelungen, aus den Russen neue Indianer zu machen, wie die Nazis es damals offen erklärten: Die Zahl der Slawen auf 30 Millionen Sklaven ohne Ausbildung zu reduzieren. Die unter Stalin geschaffene Industrie zu vernichten ist sogar den Liberalen der Jelzin-Zeit nicht gelungen und gerade dank ihr gelingt es jetzt auch dem diesmal von den USA geführten Westen nicht, die Russen zu neuen Indianern zu machen. Deshalb beginnen immer mehr Russen, vor allem die Jungen, immer mehr Stalin zu bewundern. „Wenn ich sterbe, wird man auf meinen Grabe Müll und Mist aufschütten, aber der Wind der Geschichte wird all dies wegfegen“ hat Stalin angeblich gesagt.
Damit man nichts falsch versteht, füge ich folgendes hinzu: Die Wahrheit ist, dass die kommunistischen Länder nach der Revolution sehr schnell ökonomisch gewachsen sind. Am erfolgreichsten war dabei die UdSSR unter Stalin. Das funktionierte allerdings nur so lange, wie die Kommunisten technisches Wissen des Kapitalismus kopieren konnten und solange die Menschen motiviert waren, den Sozialismus aufzubauen. Ich habe dazu schon genug geschrieben, nicht in der Absicht nicht zu moralisieren, sondern die Wahrheit zu erfahren - besser gesagt die wissenschaftliche Wahrheit. Letztlich ist der Kommunismus als eine alternative Ordnung zum Kapitalismus politisch und ökonomisch gescheitert, aber nicht aus moralischen oder humanistischen Gründen, Herr Hahne. So inhuman und verbrecherisch wie der Kapitalismus konnte keine andere Ordnung sein - auch wenn keine andere ökonomisch erfolgreicher war. Und noch etwas. Viele Völker werden den Kommunismus in der Zukunft loben, da er ihnen ermöglichte, sich vom klassischen Kolonialismus zu befreien, als christliche westliche Männer dort blindwütig plünderten, mordeten und versklavten. Danach kam der Neokolonialismus mit seiner diskreten finanziellen Ausbeutung, von dem Sie auch nichts wissen wollen, Herr Hahne. Und diese Völker pilgern nun wieder zu dem Staatsoberhaupt Russlands Putin, den Sie als Aggressor deklarieren - ja, auch Sie müssen „politisch korrekt“ sein. Und glauben Sie mir, einen dritten Kolonialismus ihres christlichen Westens wird es nicht geben. Und noch etwas, was Ihnen nie in Sinn kommen würde: Eigentlich haben die Bürger in den westlichen kapitalistischen Ländern ihren Wohlstand nach dem 2. Weltkrieg vor allem dem Erscheinen des Kommunismus auf unserem Planeten zu verdanken – auch dazu kommen wir noch.
Weil Sie doch ein so braver Christ sind, würde ich Sie gern fragen, ob Sie was unternommen haben, um Christen in der Ukraine zu retten? Sie wissen gar nicht, was ich meine? Also ganz kurz:
Die vom Westen als demokratisch bejubelte Ukraine betrachtet als ihren Gründungsvater Josip Bandera, der ein fanatisierter Schlächter des bekanntesten aller deutschen Adolfs gewesen ist. Nebenbei bemerkt, diese Nachfolger von Bandera, die man im Westen für vorbildliche „Demokraten“ hält, verbieten Schritt für Schritt die russische Sprache, welche 90% der Menschen in der Ukraine gesprochen haben, und zerstören nicht nur Denkmale und Symbole des Kommunismus, sonder aller Menschen, die Russen waren, ihre Bücher, Kunstwerke usw. Aber sei es drum! Ich wollte Sie an Christentum erinnern. Die ukrainische Kirche war Teil der orthodoxen Kirche, also im Bündnis mit der russischen. Für die Nachfolger von Bandera geht das gar nicht. Nun haben sie eine ganz neue ukrainische Kirche aus Nichts gestampft. Man beschlagnahmt nun alles, was der „russischen“ Kirche gehört, Kirchen und andere Objekte, Popen werden verjagt. Und was tun Sie, Herr Hahne? Richtig, davon scheint im Westen einfach niemand etwas zu wissen.
Eigentlich will im Westen niemand genau wissen, was in der „demokratischen Ukraine“ genau vor sich geht. Nur manchmal sind polnische konservative Politiker beunruhigt. Es geht wiederum um Bandera, um den stolzen Gründungsvater der „demokratischen Ukraine“. Etwa 100.000 Polen lebten damals auf ursprünglich ukrainischem Boden, wie Bandera es sagte, aber sie konnten nicht begreifen, dass sie eigentlich keine Polen, sondern Ukrainer waren. Also hat man sie einfach liquidiert. Auch davon nichts gehört? Ich verstehe. Wer kann schon in Europa den polnischen konservativen Politikern glauben – sie sind doch, unbestreitbar, allesamt wie die AfD alle verlogene Nazis.
Nun fasse ich das Wichtigste aus meinem persischen Brief 2 aus dem „besten Deutschland aller Zeiten“ zusammen:
Ich hebe noch einmal hervor, dass Hahne meine Aufmerksamkeit geweckt hat, da er genug spezifisch ist und auch auf sehr klare Weise seine Auffassungen äußert. Noch mehr als das, was er sagt, war für mich wichtiger, was er nicht sagt bzw. was er außen vor lässt, wenn er über etwas urteilt. Vor allem das Verschwiegene hat mir ermöglicht, mir ein klareres moralisches Bild über ihn zu machen. Meine Schlussfolgerung ist, dass er ein typisches Produkt der deutschen Philosophie und Ethik ist, die vor narzisstischer Selbstüberschätzung und Selbstgerechtigkeit nur so strotzt. Er ist ein Moralist der deutschen Nachkriegszeit. In seinem beruflichen Leben bewegte sich Hahne offensichtlich ständig unter der deutschen Prominenz, wo er ihre ökonomischen Auffassungen wie ein Schwamm aufgesogen hat. Die Moral dieser Menschen beruht auf dogmatischem Glauben, dass alles, was die deutsche politische und überhaupt gesellschaftliche Ordnung betrifft, als die höchsten zivilisatorischen Errungenschaft betrachtet: Grundgesetz, „Soziale Marktwirtschaft“, „Demokratie“ „Menschenrechte“, Christentum.
Aber es ist ziemlich offensichtlich, dass auch diejenigen, die er als „Idioten“ bezeichnet, ebenfalls die höchste moralische Meinung von dieser deutschen bzw. westeuropäischen und nordamerikanischen Ordnung haben. Sie sind zwar weniger ausgebildet, die Mathematik und alles was mit komplexerer logischer Denkweise zu tun hat, ist ihnen unwichtig. Was sie von den früheren Moralisten unterscheidet ist, dass sie ihre narzisstischer Selbstüberschätzung und Selbstgerechtigkeit nicht diskret verstecken, sondern mit ihr richtig draufgängerisch und frech umgehen. Sie sind in ihrem „kategorischen Imperativ“ auch auf eine praktisch sehr deutliche Weise kategorisch. Sie sagen dem Rest der Welt, man sagt heute auch globaler Süden, was er tun und lassen soll. Also ist die äußere Form eine andere. Woher könnte dies kommen?
Das werde ich versuchen im Folgenden zu beantworten. Könnte es sein, dass dies mit der ökonomischen Lage zusammenhängt, die anders als diejenige ist, in der Hahne jahrzehntelang gelebt hat? Ja, Hahne wirft den „Idioten“ auch vor, dass ihre Fachkenntnisse im Bereich der Wirtschaft miserabel sind. Nach Hahne weiß der damalige deutsche Wirtschaftsminister nicht, dass Insolvenz nicht einfach nur eine kurze Unterbrechung in der Produktion eines Unternehmens ist. Wäre dem wirklich so, dann drängt sich eine sehr seltsame Frage auf: Warum kommt aus der deutschen Wirtschaft diesbezüglich keine Empörung? Wenn man bedenkt, dass die Wirtschaft sich auch nicht aufregt, wenn man ihr Gasleitungen sprengt oder Atomkraftwerke abschaltet, könnte es bedeuten, dass Hahne etwas merkt und versteht, was die deutschen „Wirtschaftskapitäne“ sträflich übersehen? Dann wären auch sie „Idioten“. Aber wäre das nicht sehr seltsam? Oder ob dahinter eine klar durchdachte Strategie steht, die Hahne nicht einmal erahnt?
Fortsetzung folgt